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Predigten zu Offenbarung 3,1

"Und dem Engel der Versammlung in Sardes schreibe: Dieses sagt, der die sieben Geister Gottes hat und die sieben Sterne: Ich kenne deine Werke, dass du den Namen hast, dass du lebest, und bist tot."

Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"Ich weiss deine Werke; denn du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot."

Dieses ist ein furchtbarer Zustand! Der Herr redet hier von der feineren, verborgeneren Art der Heuchelei, in der ein Mensch bei aller Beweisung des Christentums unsträflich lebt. Dabei ist er vielleicht sogar ein unter den Brüdern ausgezeichneter Christ, der sowohl von der Bekehrung als auch vom Glauben, von der Gnade und von der Heiligung zu reden weiss und außerdem in Übereinstimmung mit seinem Bekenntnis und den christlichen Sitten gemäss lebt, so dass er von den Menschen, die nur das sehen, was vor Augen ist, mit gutem Grund für rechtschaffen gehalten wird.

Bei allem aber findet sich in seinem verborgenen, verschwiegenen Innern ein wichtiger Mangel, nämlich die Erfahrung des geistlichen Lebens. Er kennt z. B. nicht den Geist der Furcht des Herrn, der die lebendigen Christen auszeichnet und der sich im Misstrauen gegen sich selbst, in der Furcht davor, sich zu betrügen oder auch in der Unzufriedenheit und Betrübnis über das inwendige Böse äußert, welches alles des Gesetzes Werk in jedem wahren Christen ist. Infolgedessen erfährt er auch nicht die Erquickung und die Ruhe, die Jesus den Mühseligen und Beladenen gibt. Er schmeckt nie die doppelte Labung des über begangene Fehler betrübten Kindes bei der Annahme der Vergebung. Er hat nie die kindliche Freude am Evangelium, die zu seiner Verwunderung aus den Augen der einfältigen, aber rechtgläubigen Kinder hervorleuchtet und die das Leben verrät. - Er liest in der Heiligen Schrift alle diese Lebenszeichen, diese Früchte des Geistes als Beweise des wahren Lebens, und obwohl sie ihm fehlen, fährt er fort, das Beste von sich zu glauben, lässt sich auch nicht durch die bestimmten Zeichen der Schrift warnen, sondern glaubt sich selbst mehr als diesen und verbleibt ungerührt. Das muss wohl heißen, die Gnade auf Mutwillen zu ziehen.

Die Beschreibung des wahren Gnadenlebens, die der Geist Gottes uns in der Schrift gegeben hat, nicht aus eigener Erfahrung zu kennen und trotzdem noch ruhig zu bleiben, indem man meint, die große, reiche Gnade müsse auch diesen Mangel zudecken, das freilich ist eine feinere, verborgenere Weise, die Gnade auf Mutwillen zu ziehen, und doch ist sie ebenso grob wie jene, unter dem Deckmantel der Gnade in groben Werken des Fleisches dahinzuleben. Davon ist hier nicht die Rede, dass die Gnade nicht so groß sei, dies alles vergeben zu können; die Sache ist aber diese: "Dein Herz ist nicht rechtschaffen vor Gott", du lebst in einem heimlichen geistlichen Tod. Und eben diese feinere Art des Missbrauchs der Gnade erwähnt Jesus so nachdrücklich und ernst, wenn Er sagt: "Ich weiss deine Werke; denn du hast den Namen, dass du lebst, und bist tot." Beachte wohl! "Du hast den Namen, dass du lebst", du führst ein solches Bekenntnis und einen solchen Wandel, dass du als ein lebendiger Christ angesehen wirst; du gehörst nicht der Welt, die den Namen, dass sie lebt, nicht hat, sondern der Schar der lebendigen Christen an, aber - du bist tot. Denselben heimlichen Tod erwähnt Jesus in Mt. 25, 1-12 im Gleichnis von den zehn Jungfrauen, von denen fünf klug und fünf töricht waren. Alle zehn waren sich in allen äußeren Dingen ganz gleich. Sie waren alle Jungfrauen, d. h. getrennt von der Welt und der Befleckung mit Lastern. Sie hatten alle ihre Lampen, gingen alle dem Bräutigam entgegen, niemand ahnte einen Mangel. Aber inwendig in der Lampe, da war der Mangel, ein so bedeutender Mangel, dass ihrer fünf auf ewig von der Hochzeit ausgeschlossen wurden. Sie hatten kein Öl, es fing kein Feuer, es brannte nicht, es war tot. Hätten die unglücklichen Jungfrauen solches vermutet, dann würden sie wahrlich das Innere ihrer Lampen im voraus geprüft haben.

In diesen heimlichen Missbrauch der Gnade auf Mutwillen zu geraten, ist ein rechtschaffener Christ in Gefahr, wenn er "den Geist der Furcht des Herrn" verliert, so dass er aufhört, das innere Leben und die innere Kraft seines Glaubens zu untersuchen. Er ist verblendet und zufrieden mit der Erkenntnis und dem Schein, und zufrieden damit, dass es einen Zugang zur Gnade im Herzen Gottes gibt, gleichgültig dafür, ob er das Leben der Gnade in seinem eigenen Herzen hat. Ja, er fängt an, mit sich selbst zufrieden zu sein, verliert das Gefühl der Sünde und des inwendigen Streites, und es fällt ihm immer leicht zu glauben. Dahin kann er leicht kommen, wenn er der Gefahr der entgegengesetzten Seite gewahr geworden ist - der nämlich, dieses innere Leben, diese Gnade im eigenen Herzen zum Grunde seines Glaubens und seines Trostes zu machen -, und zwar durch den feineren Irrtum der Eigengerechtigkeit, dass man nicht zum Verdienste Christi fliehen dürfe, bevor man nicht das Werk und Leben der Gnade im eigenen Herzen habe. Hat er diesen Irrtum zu verstehen gelernt, dann kann er leicht zum Entgegengesetzten übergehen, so dass er die Ermahnung des Apostels: "Prüfet euch selbst, ob ihr im Glauben seid", in fleischlicher Sicherheit verachtet. Der heimliche Tod aber und die heimliche Kälte, die den ewigen Tod zur Folge haben, bestehen darin, dass du deine Kälte und Gottlosigkeit nicht so stark fühlst, dass du dadurch getrieben wirst, wirklich zu Christus zu fliehen. Du nahst Ihm nur mit dem Mund und ehrst Ihn mit den Lippen und mit einem starken, toten Glauben, der keinen Hunger und Durst des Herzens nach Ihm und keine Freude in Ihm hat. Aus alledem können wir erkennen, dass "der Weg schmal" und "das gottselige Geheimnis groß" ist.

Forschet nach, wie steht's im Herzen, Sucht, durchsucht den faulen Grund. Macht euch gleich die Prüfung Schmerzen, Wird doch so die Wahrheit kund. Ist denn Zweifel gleich vom Teufel? Nein, der Herr steht vor der Türen, Macht nur auf, Ihn einzuführen.


Autor: Elias Schrenk (* 19.09.1831; † 21.10.1913) deutscher Theologe und Erweckungsprediger des Pietismus

Ich weiß deine Werke; denn du hast den Namen, dass du lebest und bist tot. Sei wacker und stärke das andere, das sterben will.

Alle sieben Sendschreiben beginnen mit den Worten: „ich weiß!“ Unser erhöhter Herr hat Augen wie Feuerflammen; er durchschaut jeden Menschen und weiß seine Gedanken, Worte und Werke. Wohl uns, wenn wir uns unter seinen durchdringenden Blick stellen! Sein Blick macht zu Schanden, demütigt und scheidet den Menschen, der aus der Wahrheit ist, von der Sünde. In Sardes sah der Herr Schein, Heuchelei; der Vorsteher der Gemeinde, und mit ihm ein Teil der Gemeinde, hatte den Namen nach außen, dass er lebe, war aber innerlich tot. Ein solcher Zustand kann nicht bestehen ohne Heuchelei. Wäre Sardes immer tot gewesen, so hätte es diesen Schein nicht lange aufrecht halten können, man hätte es bald durchschaut; denn auch die Welt hat scharfe Augen. Es war aber früher lebendig gewesen und wusste aus innerer Erfahrung, was Leben ist. Deswegen verstand es die traurige Kunst, andere zu betrügen durch Glänzen nach außen. Lieber weniger scheinen, als man in Wahrheit vor Gott ist, als tot sein und einen guten Namen haben. Werden solche Leute vor Menschen offenbar, so bekommt durch ihre Heuchelei die Sache des Herrn immer einen gewaltigen Stoß. Jeder Heuchler betrügt sich selber; denn den Herrn kann er nicht betrügen. Aus der Ermahnung, die der Herr dem Engel der Gemeinde gab: sei wacker und stärke das andere, das sterben will, muss man den Schluss machen, dass es sich bei dem innerlich zurückgekommenen Teil der Sardes noch nicht um ein völliges Erstorbensein handelte. Es war noch möglich, aufzuwachen, aus dem Selbstbetrug herauszukommen und wieder neues Leben in die in Gefahr schwebenden Gemeindeglieder zu bringen. Wie wichtig ist die Ermahnung: wachet! Wir wollen doch für uns selber nie sicher sein, sondern wachen, damit wir andere dann auch stärken und pflegen können.

Herr, vor Deinen Augen will ich wandeln, damit auch Menschenaugen mich nicht im Scheine finden. Lass mir das Wort: wachet, immer vor Augen schweben. Amen