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Predigten zu Matthäus 6,6

"Du aber, wenn du betest, so geh in deine Kammer und, nachdem du deine Tür geschlossen hast, bete zu deinem Vater, der im Verborgenen ist, und dein Vater, der im Verborgenen sieht, wird dir vergelten."

Autor: Martin Luther (* 10.11.1483; † 18.02.1546) theologischer Urheber der Reformation
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Kennzeichen wahrer Gebete

Schon oft habe ich euch gesagt, welche Kennzeichen und Eigenarten ein wahres Gebet hat, sodass ich mich jetzt kurzfasse: Als Erstes treibt uns Gottes Gebot dazu. Er hat uns ernstlich befohlen zu beten. Danach hat er uns seine Verheißung gegeben, worin er uns zugesagt hat, dass er uns erhört. Zum Dritten sollen wir, nachdem wir auf unser Elend und unsere bedrängenden Nöte geschaut haben, alle unsere Beschwernisse immer wieder frisch vor Gott bringen und sie auf seinen Befehl hin vor ihm ausschütten. Viertens sollen wir auf Gottes Wort und Verheißung hin im rechten Glauben beten – gewiss und ohne zu zweifeln, dass er uns erhören und helfen will. Und das alles im Namen Christi, durch welchen unsere Gebete dem Vater angenehm sind; und um seinetwillen gibt uns Gott alle Gnade und alles Gute. Das alles zeigt uns Christus hier mit dem kurzen Wort an: »Bete zu deinem Vater im Verborgenen; und dein Vater, der in das Verborgene sieht, wird dir’s vergelten öffentlich.« Denn das bedeutet, dass unser Gebet zu Gott in dem Glauben geschehen muss, dass er ein gnädiger, freundlicher Vater ist und kein Tyrann oder zorniger Richter. Das kann aber niemand tun, wenn er nicht das Wort Gottes hat, in dem Gott verlangt, dass wir ihn Vater nennen. Und jeder muss ihn in herzlicher Zuversicht bitten. Als ein Vater hat er uns versprochen, uns zu erhören und uns zu helfen. Gott will auch, dass wir einen solchen Glauben im Herzen haben, der Gott fröhlich seinen Vater nennt, und dieser Vater erhört gewiss ein solches Gebet. Dieser Glaube verlässt sich darauf und rechnet auch mit Gottes Hilfe.


Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Der Betsaal, den die jüdischen Gemeinden an allen Orten herstellten, war eine wunderschöne Einrichtung. Weil sie sich die Betsäle bauten, erhielten sich die jüdischen in allen Ländern und jedes ihrer Glieder fand im Betsaal immer wieder die Nahrung, die ihm für sein inwendiges Leben unentbehrlich war. Auch wir können uns keine Mission denken ohne Kirchenbau und keine Christenheit ohne Räume, die für ihren Gottesdienst ausgesondert sind. Dennoch führt Jesus die Seinen, wenn sie beten, aus dem Betsaal hinaus. Wohin? Welchen Ort zeigt er ihnen, der heiliger wäre als der Betsaal? Gibt er seinen Jüngern auf, statt der jüdischen christliche Betsäle herzustellen? Die Vorratskammer, voll von irdischen Dingen, von Öl- und Weinkrügen und Getreidehaufen, beschreibt er den Seinen als den richtigen Ort für ihr Gebet. Das ist sie deshalb, weil man sie verschließen kann. Dort beten sie im Verborgenen zu dem, der im Verborgenen gegenwärtig ist und die im Verborgenen Betenden erhört. Wie jedes Wort Jesu, so beschenkt uns auch dieses mit seiner königlichen Freiheit. Der, der in seinem Vorratsraum beten kann, ist frei gemacht, frei vom verwirrenden Eindruck, den die natürlichen Dinge auf uns machen, frei auch von jeder religiösen Stütze, die seine Erinnerung an Gott beleben soll. Er braucht keinen geweihten Raum, keine ihn feierlich stimmende Umgebung, keine Hallen und Orgeln, nicht einmal die Gemeinde. Er muss nicht erst durch irgendeine Vermittlung zu Gott emporgetragen werden; er hat Gott bei sich auch an dem dem irdischen Leben dienenden Ort. Diese Freiheit ist aber eine erhabene und heilige Sache; denn sie ist der Besitz der Glaubenden, die am verborgenen Gott nicht zweifeln, obschon kein sicheres Zeichen sie an ihn erinnert. Hier in der Stille sind sie gegen das geschützt, was im jüdischen Betsaal das Gebet verdirbt. Dort vergisst der Beter nie, dass er bei den anderen ist; denn jedes Auge schaut auf den Beter und jeder beurteilt die anderen und misst ihnen die Ehre und die Schande zu nach dem Maß ihrer Frömmigkeit. Mit wem spricht der Beter? Fragt uns Jesus, und bei wem sucht er den Erfolg seines Gebets? Bei den Menschen oder bei Gott? Du willst als Beter zu Gott reden; dann geh von den Menschen weg, geh in die Verborgenheit.

Wenn ich nicht Dich, gegenwärtiger und heiliger Gott, allein vor Augen habe, gibt es für mich keine heilsame Gemeinschaft mit den Menschen, kein Wort, das Kraft hätte, keine Liebe, die wirklich hilft, keine Gemeinschaft des Gebets, bei der ich Dich anbetete. Dich suche ich und bete zu Dir, damit ich Deinen Willen erkenne und Deine Gaben empfange und mein Leben auf Dich gegründet sei, allein auf Dich. Amen.