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Predigten zu Matthäus 5,45

"damit ihr Söhne eures Vaters seid, der in den Himmeln ist; denn er läßt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte."

Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Die Tatsache, die Jesus hier beschreibt, ist offenkundig und unbestreitbar. Die Natur gibt jedem die Lebensmittel, ob er gerecht oder ungerecht mit ihnen verfahre, ob wir boshaft oder gütig an den Menschen handeln. Wir empfangen nicht sofort und sichtbar auf unserem Acker den Lohn für unsere Bosheit. Auch die von oben kommenden Gaben, ohne die es keine reifende Ernte gibt, Sonne und Regen, werden mir deshalb, weil ich gottlos bin, nicht entzogen. Die Natur, sagen wir, tut das; die Natur fragt nicht nach unserem sittlichen Verhalten. Damit machen wir den Tatbestand, von dem Jesus spricht und den wir alle sehen, für unser eigenes Verhalten unwirksam. Nein, sagt Jesus, nicht die Natur ernährt dich. Gott gibt dir Licht, Wärme und Wasser, ohne die keine Ähre reift. Die Natur tut es, weil Gott es tut. Gönnte er dir dein Brot nicht, weil du boshaft und ungerecht bist, so schiene dir keine Sonne und tränkte deinen Acker kein Regenguss, und jetzt bekommt der einfache Tatbestand, den wir immer vor Augen haben, für uns die größte und furchtbarste Wichtigkeit. Was zeigt uns hier Gott? Gebende Güte, die sich nicht ändert, wenn ihr der Dank versagt wird, Unermüdlichkeit der Liebe auch gegen den, der boshaft und ungerecht ist. Wie fremd ist uns das, so fremd, dass der Tatbestand, an dem uns Jesus die Weise Gottes zeigt, uns oft zum Anstoß wird. Sind es nur die alttestamentlichen Frommen gewesen, die verblüfft, ja geärgert sahen, dass es auch Gottlosen wohl ging? Kennen wir diesen Anstoß nicht? Jesus hat das als die Vollkommenheit des Vaters gepriesen, dass er aus der Natur die reiche Vorratskammer machte, aus der ich holen kann, was ich brauche, auch dann noch, wenn ich aus mir einen gottlosen und boshaften Menschen gemacht habe. Die Weise des Vaters wiederholt sich im Verhalten seiner Kinder. Ihr habt, sagt Jesus, in Gott eine Güte vor Augen, die vor der Bosheit nicht verschwindet und der Feindschaft gegenüber die gebende bleibt. Nun wisst ihr, woran man Gottes Kinder erkennt und wie ihr solche werdet. Eure Liebe wartet immer auf die Liebe der anderen und geht unter, wenn euch die anderen sie versagen. So dient eure Liebe euch selbst und bleibt von eurer Eigensucht beherrscht. Gottes Liebe rechnet nicht auf Gegenleistung; sie ist frei und ganz.

Du siehst, Herr Christus, alles mit neuen Augen an, auch das, was wir beständig sehen. Denn Du siehst alles mit den Augen der Liebe an, der völligen und reinen. Darum bist Du für uns das Licht des Lebens. Führe mich dadurch ins Leben, dass Du mich zum Lieben bringst. Amen.


Autor: Frederick Brotherton Meyer (* 08.04.1847; † 28.03.1929) englischer Baptistenpastor

Auf dass ihr Kinder seid eures Vaters im Himmel

Wir sind durch den Glauben an den Sohn Gottes Kinder geworden; aber wir sollen unseren Beruf und unsere Erwählung fest machen. – Dies können wir nur dann, wenn wir in Wort und Tat es beweisen, dass die Triebe des göttlichen Lebens uns beseelen.

Jesus lehrt uns, dass das Leben Gottes in den Herzen seiner Kinder, sich in reiner, ungekünstelter Liebe kund tue. Es ist, als ob Er spräche: „Gott ist gut; Gott vergibt; Gott trägt Unrecht und Sünde mit Geduld; Gott liebt, die Ihn hassen; Er segnet, die Ihm fluchen; Er erzeigt seine Güte auch den Unredlichen und Ungerechten; Er ist langmütig und freundlich; Er glaubt, hofft und erträgt alles. Wenn ihr nun seine Kinder seid, so handelt wie Er: folget mi r nach; richtet euer Leben nach mir; werdet dem Vöglein, der Lilie, dem Kinde gleich; seid rein, barmherzig, demütig, sanftmütig, gerecht – so werdet ihr Kinder Gottes genannt werden; das Königreich des Himmels wird euer sein.“

In dieser eröffnenden Rede konnte der Herr die Menschen auf manches noch nicht deutlich hinweisen. Dass der Gehorsam gegen seine Gebote unvermeidlich ein Kreuz zur Folge haben würde, dass die Kraft zu diesem heiligen Leben, ihnen erst durch das Kommen des Trösters geschenkt werde; dass das Wachstum des Königreiches ein langsames, mühseliges sein würde – diese Dinge waren einstweilen noch vor ihren Augen verborgen und verschleiert. Aber der Hauptzweck Jesu war, zu zeigen, dass das Christentum ein Leben nach dem Vorbild Gottes bedeute. Mein Mitchrist, lebst du also? Nicht durch dein Bekenntnis, deine reine Lehre, sondern durch deinen Wan d e l wird sich dein wahres Wesen erkennen lassen, ob du Weizen bist oder Unkraut, Kind Gottes oder Heuchler. Wir sollen andere, der Sonne gleich, durch wohltuende Wärme stärken und sie erquicken, wie der Regen das Gras befeuchtet.