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Predigten zu Matthäus 28,4

"Aber aus Furcht vor ihm bebten die Hüter und wurden wie Tote."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Drei Gegensätze in der Ostergeschichte

1. Zweierlei Furcht

Wenn wir die Auferstehungsgeschichte nach den Evangelien aufmerksam lesen, dann finden wir zunächst deutlich diesen Gegensatz. Da ist die Furcht der Frauen, denen der Engel sagt: "Fürchtet euch nicht!" (Mt. 28, 5). Und es gibt die Furcht der Hüter, von denen es heißt: "Die Hüter aber erschraken vor Furcht und wurden, als wären sie tot" (V. 4).

Gewiss war der Schrecken jener Frauen, die am Grab Jesu die Erscheinung des Engels sahen, nicht gering. Die Schrift sagt: "Sie erschraken und schlugen ihre Angesichter nieder zur Erde" (Lk. 24, 5). Und: "Sie gingen schnell heraus und flohen von dem Grabe; denn es war sie Zittern und Entsetzen angekommen" (Mk. 16, 8). Wir begreifen, dass ein Zittern heiliger Ehrfurcht sie überfiel bei dem Anblick der Himmelsbewohner. Aber wie war ihre Furcht bald durch die Botschaft der Engel gelindert!

Nach dem Grundtext in Mt. 28, 5 betont der Engel, dass gerade die Frauen sich nicht fürchten sollen, indem er sagt: "Fürchtet euch nicht ihr!" Es ist, als ob man ergänzen könnte: "Die andern mögen wohl mit Recht in der Furcht bleiben, aber ihr sollt ihr entnommen sein."

Wenn auch die Furcht der Frauen nicht auf einmal weicht, so überwiegt doch schnell die Freude, wie der Ausdruck zeigt: "Sie gingen eilend zum Grabe hinaus mit Furcht und großer Freude" (Mt. 28, 8).

Wie anders ist dagegen die Furcht der Hüter! Diese Hüter waren römische Soldaten, deren Furchtlosigkeit bekannt war. Sie bewachten das Grab und mochten gemäss dem ihnen gegebenen Befehl denken: "Wenn jetzt die Jünger dieses Jesus von Nazareth den Versuch machen sollten, seinen Leib zu stehlen, so sind wir nicht bange, sondern wollen sie bald verjagen!" Wenn auch ganze Scharen von Anhängern Jesu gekommen wären, um sich des Grabes zu bemächtigen, so hätten die Soldaten gewiss kühn ihre Schwerter gezogen. Aber jetzt kommt kein Jüngerhaufe, sondern eine Engelserscheinung von oben. Wie ist doch die berühmte Tapferkeit römischer Soldaten bald am Ende, wenn ein Gesandter des Himmels sich zeigt! Was ist doch alle menschliche Heeresmacht gegen die Kraft eines einzigen Engels! Wie nieder gemäht liegen die Kriegsmänner ohnmächtig am Boden!

Woran liegt es denn, dass die schwachen Frauen soviel weniger Furcht haben als die starken Kriegsknechte? Das zeigt des Engels Wort: "Fürchtet euch nicht! Ich weiss, dass ihr Jesus, den Gekreuzigten, sucht" (Mt. 28, 5). Hier liegt die Ursache, warum Gott ihren Schrecken bald beheben konnte. Sie liebten und suchten Jesus. Solche Leute brauchen nie allzu lange im Schrecken zu bleiben. Dagegen waren die Hüter - auch wenn sie im Gehorsam gegen einen empfangenen Befehl handelten - in einer Tätigkeit begriffen, die Gottes Reichsplänen entgegenstand. Sie wollten Jesu Leibeshülle im Grabe festhalten, aber sie konnten seine Auferstehung nicht hindern.

Macht uns diese verschiedene Furcht nicht nachdenklich? Wie werden die Feinde Gottes erst erschrecken, wenn nicht ein Engel ihnen entgegentritt wie den Hütern des Grabes, sondern wenn "des Menschen Sohn kommen wird in seiner Herrlichkeit und alle heiligen Engel mit ihm" (Mt. 25, 31)! Wie aber werden dann die sich freuen "mit unaussprechlicher und herrlicher Freude" (1. Petr. 1, 8), die den Herrn Jesus suchten und liebten wie die Frauen am Ostermorgen!

2. Zweierlei Sorge

Da ist einerseits die Sorge der Frauen: "Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür" (Mk. 16, 3)? Die schwachen Frauen denken an den großen Felsblock, der vor das Grab gewälzt war, an das menschliche Hindernis, zu Jesus zu kommen. Ihre Sorge ist bald behoben. Als sie hinschauen, ist der Stein schon abgewälzt. O wohl uns, dass alle Sorgen und Hindernisse, die uns vom Heiland trennen können, durch eine starke Hand schon hinweggetan sind! Blicken nicht alle Jünger und Jüngerinnen Jesu auf viele von oben entfernte Sorgensteine zurück?

Nun schauen wir von jenen Frauen hinweg auf den Kreis der Hohenpriester und Pharisäer. Auch da finden wir Sorgen. Aber ganz andere! Ihre Bitte an Pilatus um Soldaten, die das Grab bewachen sollen (Mt. 27, 62 ff.), beweist, wie sie Sorge haben, Jesus könne doch auferstehen. Diese ihre Sorge wird nicht behoben. Im Gegenteil, sie bleibt und wird grösser und grösser, bis sich erfüllt, wovor sie Sorge und Angst haben: Jesus steht von den Toten auf und macht ihrem elenden Scheinsieg ein Ende.

Auch heute noch gibt es zwei Sorgen. Den Jüngern Jesu ist versprochen, dass ihr Herr für sie sorgen und ihnen die Sorgen abnehmen wird. Sie brauchen ihre Felsblöcke nicht selber hinweg zu tun. Aber die verborgene Sorge der Feinde, dass die Schrift dennoch wahr sein könnte, wird in Erfüllung gehen.

3. Zweierlei Unglauben

Das ist der letzte Unterschied, den wir betrachten wollen. Wir sehen zunächst den Unglauben der Jünger: "Da sie hörten, dass er lebte und wäre ihr (der Maria Magdalena) erschienen, glaubten sie nicht" (Mk. 16, 11). Daneben steht der Unglaube der Pharisäer, denen die Hüter alles erzählen, was geschehen ist, die aber mit Geld die Auferstehungsbotschaft unterdrücken wollen: "Sie gaben den Kriegsknechten Geld genug und sprachen: Saget: Seine Jünger kamen des Nachts und stahlen ihn, dieweil wir schliefen" (Mt. 28, 12 f.).

Wir dürfen durchaus nicht jeden Unglauben auf dieselbe Stufe stellen. Es gibt sehr verschiedene Arten von Unglauben. Der Unterschied ist hier folgender: Die Jünger Jesu wollen gern glauben, können es aber nicht so schnell. Die Feinde Jesu aber können nach dem Bericht der Hüter wohl glauben, wollen es aber nicht.

Wohl ist auch der Unglaube der Jünger nicht zu rechtfertigen, aber er ist zu heilen und wird bald geheilt.

Ganz anders ist es mit dem Unglauben der Hohenpriester. Diese erhalten Nachricht von der Auferstehung von einer Seite, der sie wahrlich nicht Parteilichkeit für Jesu Sache vorwerfen können. Die römischen Soldaten sind die denkbar besten und glaubwürdigsten Zeugen für jene Männer. Aber die Nachricht passt nicht zu ihren Wünschen und Vorstellungen. Darum wollen sie diese Botschaft nicht annehmen, sondern werfen sie von sich.

Auch heute gibt es diesen doppelten Unglauben. Es gibt Leute, die möchten gern glauben, aber sie können es noch nicht. Ihnen dürfen wir Mut machen: "Jesus wird sein Werk an euch haben, hört weiter auf sein Wort, er wird euch Glauben geben; denn er lässt es den Aufrichtigen gelingen." Schlimm sieht es aber mit denen aus, die im innersten Herzensgrund wohl von der Wahrheit überzeugt sind, aber nicht glauben wollen, weil sie sich nicht unter die Wahrheit beugen und ihr Leben nach derselben ändern wollen. Während der erste Unglaube geheilt und in fröhlichen Osterglauben verwandelt wird, verfällt der letztere dem Gericht Gottes. Davor bewahre uns der Herr!


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Die Botschaft von der Auferstehung Jesu hat deutlich zwei Seiten. Die eine Seite richtet sich nach der verlorenen, gottlosen Welt hin. Diese Seite bekommen die Grabeswächter, die römischen Soldaten, zu spüren. "Sie wurden vor Furcht, als wären sie tot."

Die verlorene Welt sieht nur die beunruhigende Seite der Auferstehungsbotschaft. Es ist allerdings sehr beunruhigend für die Welt, zu denken, Gott könne sich so deutlich bezeugt haben, und der Herr Jesus könnte Herr und Richter der Welt sein, und es könnte eine Auferstehung der Toten geben. Wenn für diese furchtlosen, tapferen und Gefahren gewohnten Kriegsknechte die Auferstehung Jesu schon so furchtbar war, wie erschreckend wird für die Welt Jesu Wiederkunft in Herrlichkeit sein!

"Die Hüter wurden vor Furcht, als wären sie tot." Aber nun ist unser Text sehr merkwürdig. Da heißt es: "Die Hüter. erschraken vor Furcht … aber der Engel antwortete: Fürchtet euch nicht!" Wenn man das oberflächlich liest, könnte man meinen, das Engelwort sei zu den Hütern gesagt. Aber es steht ausdrücklich da: "Der Engel sprach zu den Weibern: Fürchtet euch nicht!" Die Welt hat von der Auferstehung Jesu Unruhe und Furcht, die Jünger Jesu aber Trost und Freude. Ja, was der Welt die größte Beunruhigung ist, das ist den Jüngern Jesu größte Freude und herrlichster Trost: Wir haben einen Heiland, der lebt und der wiederkommen wird in Ewigkeit.


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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Hier sehen wir die Welt der Verlorenen . Sie wird in der Ostergeschichte dargestellt durch die Kriegsknechte. Oh, wie trotzig stehen sie da mit ihren Schwertern und Spießen! Denn das ist ja das Wesen der verlorenen Welt, daß sie sich auf ihre Macht verläßt. Aber m i t ihrer Macht waren die Kriegsknechte verloren. Unser Geschlecht hat es erschütternd erlebt, wie machtlos alle Macht ist, wie „Gott Bogen zerbricht, Spieße zerschlägt und Wagen mit Feuer verbrennt".

Aber wer lernt daraus? Nach wie vor rennt alles nach Einfluß, Macht und Beziehungen. Wohl dem, der mit David glaubend bekennt: „Der Herr ist meine Macht und mein Heil." Die Hüter bewachten Jesu Grab. Er sollte tot bleiben. Das ist auch so ein Kennzeichen der verlorenen Welt, daß sie den Herrn Jesus im Grabe halten will. Sie mag Jesus nicht. Sie empfindet Ihn als einen Fremden. O närrische Welt! „Wüßten's doch die Leute / wie's beim Heiland ist / sicher würde heute / mancher noch ein Christ!" „Die Hüter wurden vor Furcht, als wären sie tot." Wenn jemand ohnmächtig daliegt, dann springen doch alle mitleidigen Seelen sofort herbei, um zu helfen. Gibt es nun einen Mitleidigeren als den Herrn Jesus?

Aber — wie erstaunlich ist das: Er geht gleichgültig an ihnen vorüber und sucht Seine weinenden Jünger. Das ist erschütternd. Es gibt eine Grenze der Verstockung und des inneren Todes, wo uns Jesus nicht mehr sucht. Da darf man — wie die Hüter es nachher taten — machen, was man will. Man darf lügen und betrügen. Das Gewissen rumort nicht mehr. Und über allem steht das Wort „verloren". Gnaden-lose, verlorene Welt! Daß wir doch aus ihr errettet würden! Amen.


Autor: Elias Schrenk (* 19.09.1831; † 21.10.1913) deutscher Theologe und Erweckungsprediger des Pietismus

Die Hüter aber erschraken vor Furcht und wurden, als wären sie tot. Aber der Engel antwortete und sprach zu den Weibern: fürchtet euch nicht; ich weiß, dass ihr Jesum den Gekreuzigten suchet.

Die Erde erbebte bei Jesu Tod, als Zeichen göttlicher Trauer über der Menschen Sünde. Wiederum erbebte sie, als der Todesüberwinder sein Grab verließ, um noch einmal diese Erde zu betreten, auf der er litt und starb, und die einst Platz machen muss einer neuen Erde, auf der Gerechtigkeit wohnen wird. Die wie Blitz leuchtende Gestalt des Engels, der ein Zeuge von Jesu Auferstehung war, machte die Hüter vor Furcht zittern, wie tot sanken sie zu Boden. An Jesu offenem Grab erweist sich alle Macht der Finsternis als Ohnmacht, wie Spreu, die der Wind verweht, und von jener Stunde an, als die Hüter an Jesu Grabe zitterten, geht Furcht und Zittern durch die Welt der Finsternis, und diese Furcht vor des Auferstandenen Majestät wird immer größer werden, bis Er wiederkommen wird, als Herr der Herrlichkeit, um zu scheiden zwischen seinen Freunden und seinen Feinden. Auch die Weiber fürchten sich; aber ihre Furcht ist eine andere, als die der Hüter. Es mögen auch unter den Hütern welche gewesen sein, bei denen die Furcht eine heilsame Frucht brachte; wir wissen es nicht, wir können es nur vermuten, in Folge ihrer Mitteilungen, die sie über die Auferstehung des Herrn machten. Der Weiber Furcht kam aus redlichen Herzen, die niedersinken im demütigen Gefühl der Armut, gegenüber überirdischer Herrlichkeit. Darum werden sie vom Engel getröstet: fürchtet euch nicht! So ist Ostern eine Quelle der Furcht für die Feinde des Herrn, und eine Quelle des Trostes für alle, denen der Engel wie den drei Weibern sagen kann: ich weiß, dass ihr Jesum den Gekreuzigten suchet. Gewöhnlich sucht man Jesum den Gekreuzigten nicht, ehe man trostlos ist, und wenn dann diese Trostlosen hören: Jesus lebt, dein Heiland ist auferstanden, und er sich am Herzen erweist, als der Tröstende, der die Furcht vertreibt, der für uns lebt, so freut man sich. Ja, das soll unsere Freude bleiben: Er, der für uns die Dornenkrone trug und starb, lebt, zur Rechten des Vaters, er lebt in unsern Herzen, und wir warten auf ihn, um ihn mit Augen zu schauen, ohne Furcht, mit ewiger Freude.

Auferstandener und zur Rechten des Vaters erhöhter Heiland! Du hast auch aus meinem Herzen die Furcht vertrieben und mich die selige Erfahrung machen lassen, dass Du lebst, für mich und in mir lebst. Lob und Anbetung sei Dir! Amen