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Predigten zu Markus 16,3

"Und sie sprachen zueinander: Wer wird uns den Stein von der Tür der Gruft wälzen?"

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
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Der abgewälzte Stein

"Und sie sprachen untereinander: Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür? Und sie sahen dahin und wurden gewahr, dass der Stein abgewälzt war."

1. Der Stein - das Bild einer drückenden Arbeitslast

Wir können den Stein, der das Grab Jesu verschloss, von verschiedenen Seiten her ansehen. Zunächst ist er das Bild einer großen schweren Arbeitslast. Die Frauen, die am Ostermorgen zum Grab gingen, dachten mit großer Besorgnis an das große Gewicht dieses Felsblockes, der nur durch starke Männer fortbewegt werden konnte. Sie blickten dann auf ihre geringe Körperkraft, die solcher Arbeit nicht gewachsen war. Der Gedanke an diese ihre Kräfte übersteigende Arbeit drückte sie nieder.

So kann es auch bei uns gehen. Der Blick auf manche vor uns liegende Aufgabe, der wir uns nicht gewachsen fühlen, will sich wie eine Zentnerlast auf uns legen. Da steigt aus dem Herzen die Frage empor: "Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?"

Der Ostermorgen ruft uns zu: Keine Sorge um Lasten in Arbeit und Dienst soll uns mehr niederdrücken. Der, welcher durch seine Auferstehung für jene Frauen die Frage der Beseitigung des mächtigen Felsblockes erledigte, lebt heute noch und wird auch mit unsern "Felsblöcken" fertig. Wir haben seine Verheißung:

"Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig" (2. Kor. 12, 9). Sein Wort ruft uns zu: "Alle eure Sorge werfet auf ihn; denn er sorgt für euch" (1. Petr. 5, 7).

2. Der Stein - das Bild einer Scheidewand


Nicht nur eine Arbeitslast war dieser Felsblock, sondern auch eine Scheidewand, die von Jesus trennte. Zwischen dem Leibe Jesu, der gesalbt werden sollte, und diesen drei Frauen lag der Stein als Hindernis. Um dieses Steines willen konnten sie nicht zum Heiland gelangen.

Ist diese ihre Verlegenheit nicht gleichnishaft für eine Sorge, die auf manchen Gemütern liegt? Manche Menschen möchten zu Jesus kommen, nicht um seinen Leichnam zu salben, sondern um mit ihm eine lebendige Beziehung des Vertrauens zu gewinnen. Aber da liegt auch eine Mauer zwischen dem Herrn und ihnen. Nicht nur ein Felsblock, sondern ein ganzer Berg von vergangenen Schulden und Sünden trennt sie von seiner Nähe. Da liegt ihr Stein, den sie nicht weg wälzen können. Solchen ruft unser Vers zu: Auch dieses Hindernis ist beseitigt. Am Ostermorgen ist alles hinweggetan, was suchende Menschen von Jesus trennt.

Die Auferstehung bestätigt, dass das am Karfreitag für unsere Schuld dargebrachte Opfer Jesu von dem ewigen Gott angenommen worden ist. Die Scheidewand, die uns von Gott trennte, ist niedergerissen (Kol. 2, 13 f.; Eph. 2, 14-19). Es freue sich das Herz derer, die den Herrn suchen!

3. Der Stein - ein Bild des Sieges der Feinde

Der Stein auf dem Grab Jesu war feierlich von der Obrigkeit versiegelt worden. Er erschien wie eine Bestätigung und unabänderliche Festsetzung des Sieges der Feinde Jesu. Alle ihre Bemühungen, alle ihre längst vorbereiteten Pläne liefen auf die Stunde hinaus, wo Pilatus sein Vollmachtszeichen, das Siegel, auf den Stein vor Jesu Grab drücken ließ. Ihre Macht und Klugheit schien triumphiert zu haben. Mit Jesus im Grabe schien auch seine Sache für immer erledigt zu sein. Niemand konnte mehr die Macht der Gegner und ihren Einfluss im Volk stören.

Wenn wir den abgewälzten Stein von dieser Seite ansehen, so liegt in seinem Anblick wiederum ein mächtiger Trost. Wie schnell ist doch der Herr am Ostermorgen mit allen Machenschaften seiner Feinde fertig geworden! Wie brach deren überheblich zur Schau getragene Siegesgewissheit zusammen vor der göttlichen Macht, die Jesus aus dem Grabe führte! Wenn heute unter uns ein ängstliches Jüngerherz in Gefahr steht, durch den Blick auf die List und Macht der Feinde Jesu verzagt zu werden, so darf es auf den fort gewälzten versiegelten Stein blicken. Da empfängt es neuen Mut. Der entfernte Stein entlarvt allen Sieg der Welt als einen Scheinsieg. Es gilt und wird immer gelten:

"Der im Himmel wohnt, lachet ihrer, und der Herr spottet ihrer" (Ps. 2, 4). Wir dürfen einstimmen in das österliche Siegeslied: "Die Rechte des Herrn ist erhöht, die Rechte des Herrn behält den Sieg!" (Ps. 118, 16).


Autor: Dora Rappard (* 01.09.1842; † 10.10.1923) Schweizer Missionarin und evangelische Kirchenlieddichterin

"Wer wälzet uns den Stein von des Grabes Tür? Sie wurden gewahr, dass der Stein schon abgewälzt war."

Wie lichtvoll ist der Vorgang geschildert, dem unser Wort entnommen ist! Wir erleben mit den treuen Jüngerinnen die tiefe Trauer, die leise, mehr äußerliche Sorge wegen des Steins, dann die große Überraschung und die herrliche Freude. Oft tritt im Christenlauf etwas ein, was diesem Erlebnis ähnlich ist.

Eine Seele sucht das Heil, findet aber den rechten Weg nicht. Sie möchte vorher etwas fühlen und meint, es liege ein "großer Stein" zwischen ihr und ihrem Herrn. Doch er hat ja selbst durch sein Kreuz alle Hindernisse hinweggetan. Sie wagt den Glaubensschritt, und siehe da! Es ist kein verrammeltes Tor, sondern ein freier Zugang zum Heilandsherzen.

Oft führt Gott seine Kinder auf verschlungenen Pfaden, wo sie plötzlich keinen Ausweg mehr sehen. Doch getrost! Bleiben sie nur still an Jesu Hand, so finden sie immer wieder gebahnte Wege.

Oft meint man auch von ferne einen Stein zu sehen und erschrickt. Doch kommt man näher herzu, siehe! so ist er nimmer da. Und in der Arbeit für den Herrn, wenn oft gewaltige Hindernisse im Wege stehen, darf der Beter es erfahren, dass Gottes Geist selbst den "großen Stein" hinwegwälzt durch seine Lebensmacht.

Wer wälzt den schweren Stein von hier? Wer öffnet mir des Grabes Tür? Wer gibt den Sieg in Kampf und Streit? Wer bahnt den Weg zur Herrlichkeit? Du bist's, o Gottes Sohn, allein! Die Ehr' sei Dein!


Autor: Wilhelm Busch (* 27.03.1897; † 20.06.1966) deutscher evangelischer Pfarrer, Prediger und Schriftsteller
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O unsre Sorgen! Im „Faust" sagt Frau Sorge: » . . . in verwandelter Gestalt üb ' ich grimmige Gewalt." Auch über diese Frauen übte die Sorge „grimmige Gewalt". Sie kamen von einer Not in die andre. Erst der sdireckliche Karfreitag! Dann die Angst um das eigene Leben! Und als sie nun die letzte Liebespflicht an Jesus erfüllen wollten — »Wer wälzt uns den Stein von des Grabes Tür?" Und doch lag eine leise Hoffnung in ihrer Frage: „Es findet sich vielleicht ein starker Mann, der uns hilft?" Aber hier irrten sich die Frauen. Nicht von Menschen kam ihnen die Hilfe. „Sie sahen dahin und wurden gewahr, daß der Stein abgewälzt war." Der lebendige Gott selbst hatte eingegriffen. Das Schöne an der Geschichte ist, daß der Stein schon abgewälzt war, während die Frauen sich noch sorgten. Sie hätten sich die Sorge sparen können.

Dem gesegneten Gottesmann J. P. Diedrichs klagten einmal ein paar Freunde ihre Sorgen. Da erwiderte er: „Ich machte kürzlich mit Freunden eine Kutschfahrt. Ich saß auf dem Rücksitz. Als wir eine Straße mit Schlaglöchern und Steinen passiert hatten, stöhnten die Freunde: ,Das war ja schrecklich! Wir dachten beim Anblick der schlechten Straße, der Wagen ginge zu Bruch!' — Ich aber hatte die Fahrt genossen. Das lag daran, daß ich rückwärts fuhr. Ich sah die Löcher erst, wenn wir drüber weg waren." — Dann wendete er das aufs Geistliche an: „Ein Christ überläßt die Sorgen um das Kommende dem Heiland. Er fährt gleichsam rückwärts. Er betrachtet, durch wieviel Nöte ihn sein Herr herrlich hindurchgeführt hat. Und darüber wird sein Herz voll Lob und Dank." Amen.