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Predigten zu Lukas 9,23
"Wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich und folge mir."
Wir kommen noch einmal auf das gestrige Wort zurück (Mt.16,24); es ist so ernst und inhaltsreich. Vom Kreuz und Kreuznehmen sprachen wir. Aber ein anderes bedeutsames Wort gehört dazu und zeigt recht eigentlich an, was das Kreuz bezweckt und wirkt. Das eigene, selbstsüchtige Leben, mit allen seinen bösen Trieben, muss verleugnet und dem Tod ausgeliefert werden, wenn wir Nachfolger Jesu sein wollen.Wir sprachen von praktischem Christentum. Hier ist das gegebene Feld dazu. Nichts hemmt so sehr den Einfluss der Kinder Gottes auf ihre Umgebung als das immer wieder Zutagetreten ihres alten Wesens. Das große, zähe Ich ist allenthalben im Wege. Nur selbstverleugnende Liebe gewinnt die Herzen.
Das Verleugnen seiner selbst greift in die höchsten und die geringsten Dinge. Jedes prüfe sich und erfahre, wo dieses Ichleben in ihm am meisten herrscht und am ernstesten verleugnet werden soll. Ist es im Suchen eigener Ehre, Anerkennung, Bequemlichkeit, Genuss? Da hilft nur ein energisches: Nein! Im Verborgenen entsagen, unangenehme Pflichten freundlich erfüllen, gehört zum Verleugnungssinn. - Beachten wir noch das Wörtlein täglich. Das Kreuznehmen und das Verleugnen ist nicht ein für allemal getan. Aber durch Gnade kann es zur andern Natur werden.
Jesu, Du mächtiger Erlöser, erlöse mich von mir selbst! Wirke Du in mir dieses tägliche, stündliche Verleugnen meiner selbst.
Da sprach er zu ihnen allen: wer mir folgen will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich täglich, und folge mir nach.
Wiederholt spricht der Herr dieses Wort aus; er gab es seinen zwölf Jüngern bei ihrer ersten Aussendung mit auf den Weg und bezeichnet damit alle, die in rechter Weise in seinem Dienste stehen, als Kreuzträger. Dann spricht er dasselbe Wort wieder aus bei seiner ersten Leidensankündigung, nachdem Petrus ihn zurückhalten wollte von Jerusalem. Nach Mark. 8,34 sprach er obige Worte nicht nur zu seinen Jüngern, sondern auch zu dem Volk, und stellt damit eine Regel ohne Ausnahme auf für alle, die ihm nachfolgen wollen. Sie sollen sich selbst verleugnen, d. h. sich von sich selbst abwenden, nicht mehr die Wünsche und Neigungen der alten bösen Natur herrschen lassen, sondern ihnen absagen, widerstehen. Nur wer so steht, kann vom Herrn geführt werden; denn ihm nachfolgen heißt sich von ihm führen lassen, auch wenn es Wege geht, die sauer sind, auf denen alles, was Fleisch heißt, nichts findet. Ohne diese Selbstverleugnung kommen wir in Jesu Nachfolge gar nicht durch. Warum kommen manche Christen nicht vorwärts? Warum geht es bei ihnen hier nicht und dort nicht? Sie wollen sich nicht selbst verleugnen; sie lassen das Fleisch, ihre eigenen Neigungen immer wieder reden, und wo es diesen zuwider geht, ziehen sie sich zurück, geben sie die Nachfolge Jesu auf. Das ist traurig. Solche Leute haben nicht die Verheißung: wo ich bin, da soll mein Diener auch sein. Zur Selbstverleugnung gehört, täglich sein Kreuz auf sich zunehmen. Die Römer kreuzigten die Verbrecher. Trug ein Mensch sein Kreuz nach dem Richtplatz, so trug er damit die größte Schmach; jedermann sah, dass er ein zum schmählichsten Tod Verurteilter war. Jesu Nachfolger müssen täglich zum Schmachtragen bereit sein. Der Herr ist freundlich; er führt uns nicht so, dass wir täglich durch Schimpf und Schande gehen müssen, sondern er gibt Ruhepausen. Aber er will beständig den Sinn bei uns haben, der bereit ist, ihm das Kreuz nachzutragen, und wenn es sein soll, mit ihm zu sterben. Seit unser Meister es getragen, ist das Kreuz das Ehrenzeichen seiner Jünger geworden. Wohl dem, der es trägt.
Lieber Heiland! Du bist uns vorangegangen in der Selbstverleugnung und im Kreuztragen. Ziehe mich Dir nach täglich, auch durch die Schmach. Amen