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Predigten zu Kolosser 3,12

"Ziehet nun an, als Auserwählte Gottes, als Heilige und Geliebte: herzliches Erbarmen, Güte, Demut, Milde, Langmut,"

Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

Dass wir es uns doch sagen lassen, dass wir diese Kleider nicht anhaben! Dass wir es uns doch sagen lassen, dass, wenn wir sie auch gestern anhatten, wir uns darauf doch nicht verlassen können! Dass wir doch ja die Predigt nicht nur als Predigt hören ohne Anwendung auf uns selbst. Denn wo das nicht ist, beweist man, dass man unter Gesetz ist, dass in Wahrheit Gottes Gesetz nicht geehrt wird, dass man bei aller Erkenntnis des Evangeliums doch ohne heiligen Geist und also tot ist. Wo man beginnt, die Predigt des Wortes nicht mehr an sich selbst anzuwenden, da muss eine Magerkeit in der Seele eintreten; das geistliche Leben, das Leben mit Gott, das Achtgeben auf das eigene Herz und, was daraus hervorgeht, nimmt ab. Indem dieses abnimmt, nimmt auch die Erkenntnis und das Gefühl von Sünde ab; es nimmt ab, dass man zur Quelle geht, sich zu reinigen von seinen Sünden; man sieht alles und ist doch blind; man verliert seine Kleider, wagt sich hinein in den Hochzeitssaal vor den König und ist nicht eingedenk, dass er fragen wird: Freund, wie bist du hereingekommen und hast doch kein hochzeitlich Kleid an? Das muss einen beklommenen, ängstlichen Tod zur Folge haben, denn man hat auf alles achtgegeben, hat alles geglaubt, aber man hat nicht für sich selbst darauf achtgegeben, dass hier ein Apostel vor uns tritt und spricht: Ziehet an! Habt angezogen!

So kleide meine Seele ganz
in deinen reinen Schmuck und Glanz
und rein'ge mein Gewissen.
Uns hat ja deines Blutes Kraft,
die alles rein und heilig schafft,
der Sündenlast entrissen.


Autor: Carl Olof Rosenius (* 03.02.1816; † 24.02.1868) schwedischer Laienprediger und Initiator einer neuevangelischen schwedischen Erweckungsbewegung

"So zieht nun an als die Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten, herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demut, Sanftmut, Geduld."

Seht hier, welche herrlichen Dinge die Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten schmücken sollen! Der Apostel erinnert uns zunächst an die hohen Titel der Gläubigen und will, dass wir unserem Stand gemäss gekleidet sein sollen, wie es den Auserwählten Gottes, Heiligen und Geliebten geziemt. Das ist auch die Ermahnung des Apostels in Eph. 4, wo er sagt: "So ermahne ich euch nun, dass ihr wandelt, wie sich's gebührt eurer Berufung, mit der ihr berufen seid, mit aller Demut und Sanftmut, mit Geduld." Beachte! "Wie sich's gebührt eurer Berufung." Was den Kindern der Welt wohl anstehen mag, kann einem Kind Gottes ganz ungebührlich und unpassend sein. Sein Gutes für sich zu behalten oder hoffärtig und eitel zu sein, mit einem Widersacher zu rechten oder viele eitle Worte zu reden, das ist allgemeine Sitte der Welt, und niemand wundert sich darüber. Den Kindern des Lichts aber wäre das ungebührlich; sie sollen einen den Kindern der Welt entgegengesetzten Weg wandeln. Es steht den Königskindern nicht an, wie Bettelkinder gekleidet zu gehen. Weil ihr nun Gottes Auserwählte, Heilige und Geliebte seid, sagt der Apostel, so kleidet euch so, wie es solchen geziemt.

Wir wollen jetzt die Kleidung selbst betrachten. Zuerst nennt der Apostel herzliches Erbarmen oder das Innerste der Barmherzigkeit, was eine innerliche und brennende Regung der Barmherzigkeit im Herzen bezeichnet, aus der dann Erbarmen folgt, teils darin, einen Fehler zu vergeben, teils einem bedürftigen und notleidenden Menschen zu helfen. Dies ist der Gegensatz zu dem kalten, selbstsüchtigen Sinn, der nur auf sein Recht blickt, und es ist eigentlich ein Teilhaftigsein der göttlichen Natur in den Herzen der Gläubigen, ja, gerade das Innerste und Bezeichnendste der Natur Gottes. Diese innige Barmherzigkeit meint Gott an vielen Stellen, z. B. wenn Er sagt: "Ist nicht Ephraim Mein teurer Sohn und Mein trautes Kind? Denn Ich gedenke noch wohl daran, was ich Ihm geredet habe; darum bricht Mir Mein Herz gegen ihn, dass Ich Mich seiner erbarmen muss, spricht der Herr." Das ist die innige Barmherzigkeit unseres Gottes, die sich in allen Seinen Kindern abspiegeln soll. Jesus sagt: "Seid barmherzig, wie auch euer Vater ,barmherzig ist", und abermals: "Auf dass ihr Kinder (oder das Ebenbild) eures Vaters im Himmel seid; denn Er lässt Seine Sonne aufgehen über die Bösen und über die Guten, und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte."

Das zweite Stück unserer Kleidung ist Freundlichkeit oder Güte und Wohlwollen, d. h. eine Neigung, den Menschen zu Diensten und zum Nutzen zu sein. Es ist eine so schöne Kleidung der Auserwählten Gottes, dass viele nur durch sie zu Gott und seinem Volk gezogen wurden. Gottes Kinder sollen die freundlichsten, dienstfertigsten Menschen auf Erden sein. Was eine Predigt nicht vermochte, hat oft diese Eigenschaft ausgerichtet. Darum war auch das ganze Leben Christi auf Erden lauter Freundlichkeit und Wohltun. "Er zog umher, hat wohlgetan und gesund gemacht alle." Die höchste Erleuchtung und die schönsten Worte schaffen keinen Nutzen, richten vielmehr nur Erbitterung an, wo ein kaltes, unfreundliches Wesen herrscht. Wie betrübend ist das! Diejenigen, die die herrliche Kunde mitzuteilen haben, müssen sie in das liebenswürdigste und freundlichste Wesen einhüllen.

Das dritte Stück, das ein jeder leicht versteht, die Demut, hängt nahe damit zusammen. Wenn ein Christ, getrieben von "herzlicher Barmherzigkeit", seinem Nächsten oft ein Warnungswort zur Erweckung sagen muss, so ist das an und für sich ein Werk, das leicht als geistlicher Hochmut gedeutet werden kann, weshalb auch die allgemeinste Beschuldigung der Welt gegen die Gläubigen die ist, dass sie hochmütig sind, obwohl gerade die Christen ihr eigenes Elend so sehr fühlen und beklagen. Wenn aber selbst der Inhalt des Bekenntnisses eines Christen von der Beschaffenheit sein muss, dass es den Kindern der Welt als Hochmut erscheint, so ist es um so notwendiger, dass wir auf jede nur mögliche Weise ausdrücken und zu erkennen geben, dass wir nicht aus Hochmut dazu getrieben werden. Es ist notwendig, dass wir nicht nur Demut im Herzen haben, sondern uns auch in Demut kleiden. Würden im Herzen Hochmut und Selbstgefallen entstehen und würden wir solches behalten und ihm huldigen, so ist eine grössere Gefahr vorhanden und ein tiefer Fall oder eine andere Torheit bald vor der Tür; denn Gott widersteht den Hoffärtigen. Dann hilft auch keine Erkenntnis und keine Wachsamkeit, der Fallgrube, die uns in den Weg gelegt wird, zu entgehen. Darum sagt der Apostel: "Haltet fest an der Demut!" Es wird euch dennoch kaum möglich sein, darin zu bleiben; "trachtet nicht nach hohen Dingen, sondern haltet euch herunter zu den Niedrigen, haltet euch nicht selbst für klug!"

Das vierte Stück, das wir anziehen sollen, ist Sanftmut, oder dass man sich nicht so bald erzürnen lässt, und das fünfte ist Langmut, dass man in der vergebenden Sanftmut sich nicht ermüden lässt, so dass man nicht aufhört, an eine Freundschaft mit dem Mitmenschen zu denken, der unsere Geduld auf die Probe stellt.

Selig ist das Niedrigsein; Denn die Beugung unter alle wehrt dem Falle, Macht mich arm und dadurch reich, Christo gleich, Lehrt mich nach der Liebe trachten Und den Bruder höher achten; So vermehrt sich Gottes Reich.


Autor: Christoph Blumhardt (* 01.06.1842; † 02.08.1919) deutscher evangelischer Theologe, Pfarrer und Kirchenlieddichter
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Nach diesem Spruch dürfen denn wir, die wir auf Christum getauft sind und an Ihn glauben, und als Kinder Gottes auch Erben Gottes und Miterben Christi zu werden hoffen, uns nennen die Auserwählten, die Heiligen und Geliebten. Weil Gott uns so nennt, dürfen wir's uns nicht gar absagen. Aber wenn wir's uns gefallen lassen, so paßt doch gewiß dazu nicht das rauhborstige Wesen, das wir oft noch durchs Ganze hindurch an uns haben, und zu dem die natürliche Verderbtheit des Herzens so leicht treibt.

Die ungeduldige, derbe und hitzige Art auch, mit welcher wir je und je selbst unser Christentum als Eiferer um den HErrn beweisen zu müssen glauben, widerspricht ganz dem Begriff von Heiligen und Geliebten Gottes. Gerne findet man den Beweis des Christentums in einem schonungslosen Eifer, der eben durchführt, ob's wohl oder wehe tue, lebendig mache oder töte. Die Ehre Gottes und die Bekenntnistreue, meint man, erfordere das. Aber das ist ganz verkehrt. Denn das Wesen des Christentums an Heiligen und Geliebten Gottes liegt im herzlichen Erbarmen mit jedermann, in der Freundlichkeit, in der Demuthh, in der Sanftmuth, in der Geduld auch mit den Sündern und Unwissenden, nicht in einem gleichsam verzehrenden Eifer, bei welchem man drein haut und erbarmungslos oder schonungslos urteilt, verwirft, wegschätzt, richtet und verdammt. Da muß das Kleid, wie es die Wilden an sich tragen, abgelegt, und das Kleid der Liebe, dran man die Auserwählten kennt, angezogen werden.

Auch im täglichen Leben, - ach, wie oft lassen wir's da an dem rechten Geiste, der uns beseelen sollte, fehlen! Wir müssen's besser lernen, müssen uns als die Auserwählten, Heiligen und Geliebten darstellen lernen. Es sollte jeder, sei es, wer es wolle, der Höchste wie der Niedrigste, der Kleinste wie der Größte, schon an unsrem Kleid unsern Adel sehen. Jedermann sollte es uns abfühlen zu seinem Trost, zu seiner Erquickung und zu seiner Erbauung, daß wir, sozusagen, vom Kopf bis zum Fuß, d.h. in allem, was an uns zu sehen ist, lauter herzliches Erbarmen, Freundlichkeit, Demuth, Sanftmuth, Geduld sind. Dann erst sind wir in vollem Sinne die Auserwählten, Heiligen und Geliebten, - eher nicht.

Der HErr gebe uns Gnade dazu, daß wir's recht merken, wie es mit uns werden soll. Lernen wir unsern Eifer vornehmlich gegen uns richten, daß alles verkehrte, lieblose Wesen bei uns abkomme. Das ist der Eifer, mit welchem wir den Argen überwinden, und daß ich so sage, in aller Stille und Unscheinbarkeit den Himmel und die Herrlichkeit Gottes erstürmen können. Oder wodurch anders hat sich unser Heiland, dessen Gesinnung wir annehmen sollen, im Kampfe für uns hindurchgerungen bis zu der Rechten der Majestät in der Höhe?

Mel. Seelenbräutigam Deiner Sanftmuth Schild, Deiner Demuth Bild Mir anlege, in mich präge, Daß kein Zorn noch Stolz sich rege; Denn vor Dir nichts gilt Als Dein eigen Bild.