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Predigten zu Klagelieder 3,57
Du nahtest dich an dem Tage, da ich dich anrief; du sprachst: Fürchte dich nicht
Jeremia bezieht sich hier auf seine eigene Erfahrung in dem Kerker, dahin man ihn geworfen hatte. Aus der untersten Grube rief er zu Gott und fuhr fort zu rufen. Seine Zuversicht war der Name seines Gottes, und einen mächtigeren Schutz gibt es nicht. Wir verlassen uns nicht auf unseren Glauben, sondern auf seine Treue, nicht auf unser Vertrauen, sondern auf seine Zuverlässigkeit.
Kaum war der Ruf ergangen, so folgte die Antwort: „Du erhörtest meine Stimme.“ Das bloße Atmen der verfolgten Seele ward gehört von dem Allmächtigen. Eine Mutter lauscht im Dunkeln den Atemzügen ihres Kindleins. Sie sagen ihr viel; denn entweder sind sie leicht und regelmäßig, oder hastig und beklommen. Gott wendet sein Ohr nicht ab von unserem Atmen, noch von jenen unausgesprochenen Seufzern, die mehr als Worte es tun könnten, die tiefe Angst und Bekümmernis der Seele ausdrücken. Kannst du nicht reden, nicht weinen oder schluchzen, nicht einmal stöhnen, so bleibe stille; Gott versteht dich dennoch.
Er naht sich dir. Ist Er denn nicht immer nahe, näher als wir es ahnen können? Jawohl; aber Er gibt dir jetzt seine süße Nähe zu empfinden. Der dunkle Kerker des Leides, des Schmerzes wird plötzlich erhellt von dem Glanz seiner Gegenwart; dies Schweigen wird unterbrochen durch den sich nahenden Schritt des allmächtigen Freundes, der sich uns niemals so liebevoll zu erkennen gibt, als wenn auch unsere Nächsten und Liebsten uns nicht helfen können. O mit welcher Zartheit tritt Er uns nahe! Ja, wahrlich, die Einsamkeit hat ihren Zauber, denn da offenbart sich der Heiland; der Kerker ist das Vorzimmer, durch das wir vor unseren König geführt werden. O selig, wer das Geheimnis des HErrn erkennt und sein leise geflüstertes: „Fürchte dich nicht“ vernimmt!