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Predigten zu Klagelieder 3,26
"Es ist ein köstliches Ding, geduldig sein."
Die Dankbarkeit dem Herrn gegenüber (Ps 92,1) hat zwei liebliche Schwestern: Geduld und Hoffnung. Geduld ist stilles Ertragen, ruhiges Aushalten unter einer Last, festes Beharren in Beschwerden. Diese Gesinnung nennt der Herr köstlich. Dem natürlichen Menschen ist sie nicht eigen. Er bäumt sich auf gegen alles, was ihn hemmt und drückt. Aufrecht will er durch die Welt schreiten und über alle Hindernisse siegen. Siehe, da begegnet ihm eine grauverhüllte Gestalt, die Not. Sie ist mächtiger als er. Er kämpft gegen sie an und reibt sich wund, und muss doch unterliegen. Denn sie ist Gottes Bote zu seinem Heil.Wohl ihm, wenn er sich gehorsam beugt unter die göttliche Heimsuchung, welcher Art sie auch sein möge. Wohl ihm, wenn er die Last willig trägt, um deswillen, der sie ihm gesandt hat, ja noch mehr, um deswillen, der einst sein Kreuz trug und uns heißt, unser Kreuz auf uns nehmen und ihm nachfolgen.
Ist dir eine Bürde auferlegt, liebes Herz, so wisse, sie soll dir zum Besten dienen. Schüttle sie nicht unwillig ab. Halte aus, bis Gottes Stunde schlägt. Übe dich im Drunterbleiben, so wirst du finden, dass du nichts verloren, sondern etwas Köstliches gewonnen hast.
Du, Lamm Gottes, wardst allzeit erfunden geduldig. Gib mir Deinen Sinn. Lehre mich in allen Trübsalen ausharren und Dich verherrlichen!
"Es ist ein köstlich Ding ... auf die Hilfe des Herrn hoffen."
Nicht nur still ertragen soll der Christ die Leiden und Trübsale, die der Herr ihm auferlegt. Nein, die Geduld hat eine himmlische Gefährtin, die das Wort Gottes auch zu den "köstlichen Dingen" zählt. Es ist die Hoffnung. Wir sind keine Fatalisten, die sich gezwungen unter das Unabänderliche fügen müssen. Die christliche Geduld ist zusammengesetzt aus Glaube, Liebe und Hoffnung. Der Hoffnung ist in unserem Textwort eine besondere Bedeutung gegeben, und manche andere Stellen sagen es uns, dass es Gott wohlgefällt, wenn seine Kinder auf seine Güte hoffen.
Wie sollte es auch anders sein? Wie sollten wir, denen der Herr das Beste und Herrlichste geschenkt hat, nicht voll Hoffnung und Vertrauen auf seine gütigen Hände schauen?
Ich kann ja nicht verzagen mit einem solchen Herrn,
Der meine Schuld getragen, mir herrlich hilft und gern.
Solche Hoffnung ist nicht ein Trugbild unserer Phantasie, sondern ein festes, nüchternes Vertrauen auf Gottes Verheißungen. In Zeiten der Not wollen wir uns die Zusagen des Herrn lebendig ins Gedächtnis rufen, wollen uns auch dankbar erinnern an vergangene Proben seiner Hilfe. So wird unsere Hoffnung auch in dürrer Zeit grünen und ihre köstlichen Früchte bringen.
Herr, es hoffen auf Dich, die Deinen Namen kennen; denn Du verlässest nicht, die Dich suchen.
Es ist gut, dass man warte und in der Stille auf das Heil des Herrn harre.
Jeremias hat Jahrzehente lang gewartet auf das Heil Israels; er musste aber statt des Heils den Untergang des Reiches Juda durch die Chaldäer erleben. Dennoch wartet er und sagt: es ist gut, dass man warte und in der Stille auf das Heil des Herrn harre. Das ist die heilige Kunst der Knechte Gottes und des Volkes Gottes überhaupt. Es gibt Zeiten, in denen der Herr uns ganz besonders in die Stille weist, in denen unsere Umgebung vielleicht im gewöhnlichen Geleise einhergeht und nicht viel vom Herrn erwartet. In der Stille lässt der Herr uns seine Gedanken wissen, und da ist es gut, wenn man nicht meint, man müsse alles, was man in der Stille gehört hat, gleich wieder auf der Gasse ausgeben. Wie nötig ist es doch, dass das, was der Herr uns in der Stille sagt, unser völliges Eigentum werde; dann können wir reden und andern damit dienen. In der Stille lerne harren für dich und andere. Jeremias harrte auf seines Volkes Heil. Solange wir im Harren nicht stille werden, fehlt es an Geduld. Wo Geduld ist, wird man stille. Der Herr kann uns nicht helfen, solange wir ungeduldig zappeln. Wie schwer wird das Harren, wenn man innerlich unruhig ist! Der Grund der inneren Unruhe ist gar oft Angst, die Tochter des Unglaubens. So lange ich meinem Gott nicht vertraue, so muss ich Angst haben, und mein Harren ist ein Harren auf Ungewisses, weil der Unglaube allerlei Gespenster sieht und nie weiß, wie es geht. Der Glaube macht innerlich still, gefasst und zuversichtlich, er weiß, auf was er harrt. Wenn der Herr auch verzieht, so weiß man eines gewiss: seine Treue wankt nicht. Wenn Jeremias auf Heil für sein Volk harrte, so konnte er es nur tun in Hoffnung auf innere Umkehr des Volkes; sie ist der Anfang äußerer Hilfe. Fangen auch wir innerlich an! Wenn ein Mensch aus seinen Sünden errettet ist, so folgt oft äußere Hilfe von selbst. Das wollen wir uns merken beim Harren auch für andere, damit recht geholfen werde. Was ist äußere Erleichterung ohne Rettung der Seele?
Herr! Deine Treue sei der Magnet für meinen Glauben. Wenn mein Herz zittern will, so stille Du es. In der Stille will ich harren. Amen