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Predigten zu Johannes 8,45

"Weil ich aber die Wahrheit sage, glaubet ihr mir nicht."

Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Sei nicht feige, sondern sieh hinab in die Tiefe der menschlichen Unart, auch wenn dich ihr Anblick erschüttert. Ein Mensch, der deshalb nicht glaubt, weil ihm die Wahrheit gesagt ist, ist ein schrecklicher Anblick. An was glaubt er dann? Was bewegt ihn, wenn er das, was sich ihm als Wahrheit erkennbar macht, von sich stößt? Hat er sich nicht in die Luft hinaufgestellt ohne Halt und ohne Standort? Ist er nicht von der Wirklichkeit gänzlich geschieden, damit aber auch von Gott gelöst? Der Wahrheit nicht glauben, das ist Selbstverneinung, Selbstverstümmelung, Selbstmord in der schwersten Form. Dieser Dolchstoß verletzt das Innerste in uns. Damit ist die Grenze zwischen Unwissenheit und dem Glauben überschritten. Für die Unwissenheit ist die Wahrheit verhüllt, dem Unglauben ist sie gezeigt. Auch unsre Unwissenheit verführt uns zum Streit gegen die Wahrheit und darum ist sie eine Gefahr. Sind wir gewohnt, ihr zu widersprechen, weil sie uns verhüllt war, so ist die Gefahr ernst, dass wir uns auch dann gegen sie wenden, wenn die Hölle von der Wahrheit fällt und ihr Strahl in unser Inneres dringt. Können wir aber der Wahrheit glauben? Ist sie nicht schrecklich? Müssen wir sie nicht fürchten und hassen? Wer wagt es, sich selbst anzusehen? Wer hält es aus, die Menschen zu sehen, wie sie sind? Stirbt nicht die Freude und stirbt nicht die Liebe da, wo die Wahrheit erscheint? Ich sage euch die Wahrheit, sagt uns Jesus, und ich sage euch nicht im Dienst des Zorns, der das Verborgene enthüllt, um euch zu schänden, und das Versteckte ans Licht zieht, um euch zu richten. Ich sage euch die Wahrheit im Dienst der Gnade, die nicht erniedrigt, sondern erhöht. Ich zeuge euch die Wahrheit nicht, damit ihr an ihr sterbet, sondern damit ihr durch sie lebt. Denn die Wahrheit, die Jesus uns sagt, zeigt uns nicht nur, was im Menschen ist, sondern zeigt uns auch Gott in seiner wahrhaften Gerechtigkeit und seiner wahrhaften Gnade, und darum ist die Wahrheit, die Er uns sagt, die uns belebende Macht.

Licht des Lebens, Herr Jesus, ist Dein Name, rettende Wahrheit Dein Geschenk. Die menschlichen Künste, die die Wahrheit verhüllen, kenne ich wohl; ich sehe sie nicht nur an den anderen, sondern finde sie auch bei mir. Wenn ich mich aber zu Dir halte, fallen sie ab. Ich stelle mich ohne Vorbehalt und Ausflucht unter Dein Urteil und empfange ohne Widerrede Deine Gabe und bitte: Gib mir Teil am Geist der Wahrheit, durch den Du die Deinen regierst. Amen.