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Predigten zu Johannes 2,3
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Wasser wird zu Wein
In diesem Text aus dem Evangelium sehen wir auch ein schönes Vorbild von der Liebe Christi zu seiner Mutter. Die Mutter dient und hilft bei einer Hochzeit, und Christus beehrt die Gesellschaft mit seiner Gegenwart und mit einem wundersamen Geschenk. Dies tut er einzig darum, weil er dem Bräutigam und der Braut und den Gästen wohltun will. Das Wesen und das Werk Christi sind ja immer nur Liebe, damit die Herzen aller angelockt werden, ihm zu vertrauen. Er ist eben für jedermann auch bei zeitlichen Gütern zu helfen bereit und will nicht zulassen, dass irgendjemand, der an ihn glaubt, Not leide, sei es an zeitlichen oder ewigen Gütern. Eher muss sich Wasser in Wein und alles andere gerade in dasjenige verwandeln, dessen der an ihn Glaubende bedarf. Und ein solcher muss auch reichlich davon bekommen, und niemand kann’s hindern.
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Hunger und Durst
Wer an Christus glaubt, soll die Fülle haben, und niemand in der Welt wird es verhindern können! In dieser Geschichte kommt für den Glauben noch etwas besonders Wunderbares hinzu. Christus lässt die Not bis aufs Äußerste kommen, bis der Mangel von allen Anwesenden gespürt wird und niemand mehr Rat und Hilfe weiß. Damit ist bewiesen, dass diese Art göttlicher Gnade niemand zuteilwird, der zuvor genug hatte und sich seines Mangels noch nicht bewusst ist. Diese Gnade speist nicht die Vollen und Satten, sondern die Hungrigen, wie wir schon oft gesagt haben. Wer noch klug und stark und »fromm« ist und noch allerhand Gutes bei sich findet und wer noch nicht ein armer, elender, kranker Sünder geworden ist und seine Torheit nicht bekannt hat, der kann zu dem Herrn Christus nicht kommen und wird auch keine Gnade erlangen.
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Gott meint es gut
Auch wenn ein Mangel empfunden wird, greift Christus nicht sofort ein und gibt nicht gleich, was man braucht. Vielmehr verzieht er die Hilfe und prüft dadurch den Glauben und das Vertrauen, wie auch hier bei der Hochzeit zu Kana. Ja, was noch schlimmer ist, er stellt sich, als wolle er gar nicht helfen, sondern redet hart und streng wie in dem Gespräch mit seiner Mutter. Sie fühlt den Mangel und spricht mit ihm darüber und begehrt mit demütigen und höflichen Worten Hilfe und Rat von ihm. Maria sagt nämlich nicht: »Schaff uns Wein herbei!«, sondern: »Sie haben keinen Wein.« Damit appelliert sie nur an seine Güte, der sie sich ganz sicher ist, als wollte sie sagen: »Er ist so gut und gnädig, dass man überhaupt nicht zu bitten braucht. Ich will ihm nur anzeigen, woran es fehlt, so wird er handeln und mehr geben, als wir erbeten haben.« So ist der Glaube gesinnt. Er hat eine so hohe Meinung von Gottes Güte und zweifelt nicht daran, dass Gott eingreifen wird. Darum wagt es der Glaube auch, Gott zu bitten und ihm die augenblickliche Not vorzutragen.
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Widerstand und Anfechtung
Jesus spricht zu ihr: »Weib, was habe ich mit dir zu schaffen?« (Joh 2,4). Seht doch nur, was Jesus nach der demütigen Bitte seiner Mutter tut, die mit so großer Zuversicht zu ihm von dem fehlenden Wein geredet hat! Dann sieht man aber, wie wahrer Glaube beschaffen ist. Was spricht zu seinen Gunsten? Der Glaube sieht nichts als nur Finsternis. Er fühlt den Mangel und sieht nirgends Hilfe. Ja, Gott selbst wird für ihn fremd und scheint so weit weg zu sein, dass er auf den Bittenden wohl gar nicht eingeht. So bleibt schließlich gar nichts. Das passiert auch in unserem Gewissen, wenn wir die Sünde und den Mangel an Gerechtigkeit spüren oder in Todesnöten sind, wo wir merken, dass uns das Leben entgleitet, oder wir in Angst vor dem Tod schweben und uns die Hoffnung auf die ewige Seligkeit verloren geht. Da kommt es wohl zu demütigem Verlangen und Anklopfen, Bitten und Suchen, wie wir die Sünden, den Tod oder die Angst vor der letzten großen Not überwinden können. Doch stellt er sich dann, als sollte die Sünde erst richtig deutlich werden und der Tod bleiben und die Angst nicht aufhören, so wie er es hier mit seiner Mutter macht. Auch ihr macht er durch seine Antwort den Mangel noch größer und schwerer, als er schon war, bevor sie mit ihm geredet hatte. Denn nun scheint es, als sei alles verloren, weil auch der einzig verbliebene Trost dahin ist, auf den sie sich in ihrem Mangel verließ.
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Der gute Kampf des Glaubens
Hier steht nun der Glaube in einem richtigen Kampf! Doch sieh, was seine Mutter tat, und lerne davon! Wie hart mögen seine Worte für sie geklungen haben: »Weib, was habe ich mit dir zu schaffen?« So unfreundlich er sich auch stellt, so deutet sie das in ihrem Herzen doch nicht als Zorn oder als Widerspruch zu seiner Güte. Sie bleibt dabei, dass er gütig sei, und lässt sich diese Meinung auch durch die Demütigung nicht rauben. Sie will ihm in ihrem Herzen nicht die Schande antun, ihn nicht mehr für gütig oder gnädig zu halten, wie jene es tun, die ohne Glauben sind und beim ersten Stoß gleich zurückfallen und nicht gewahr werden, dass Gottes Möglichkeiten über alle menschlichen Begrenzungen weit hinausgehen. Es geht ihnen wie den Rossen und Maultieren in Psalm 32,9. Denn hätte sich die Mutter durch diese harten Worte abschrecken lassen, wäre sie still und tief verletzt weggegangen. Weil sie aber den Dienern befiehlt, sie sollten tun, was er sagt, beweist sie, dass sie die Demütigung überwunden hat und immer noch nichts als lauter Güte von ihm erwartet.
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Was habe ich mit dir zu schaffen?
Was meinst du, wie tief das geht, wenn einem Menschen in Nöten, vor allem aber in Gewissensnot, dieser Schlag versetzt wird: »Was habe ich mit dir zu schaffen?« Verzagt und verzweifelt muss jeder werden, der nicht auf solchen Wegen von Gott bereits in die Glaubensschule genommen wurde. Denn er meint, alles sei so, wie er es fühlt, und er erwartet von Gott nichts anderes, als ihm diese Worte zu sagen scheinen. Er empfindet nichts als nur Zorn und hört nichts als Ungnade, und er hält Gott für seinen ausgemachten Feind und zornigen Richter. Und wie er sich Gott vorstellt, so wird dieser ihm auch einmal begegnen. So kann er denn auch nichts Gutes von ihm erwarten. Das heißt aber, Gott mit all seiner Güte zu verleugnen. Danach folgt, dass er vor ihm flieht und ihn hasst und gerne wollte, dass Gott nicht Gott wäre. All diese Gotteslästerungen sind die Früchte des Unglaubens.
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Durch Glauben leben
Dieser Teil des Evangeliums ist der höchste und herrlichste. Darum sollten wir sehr gut darauf achten, dass wir Gott die Ehre geben und eingestehen, er sei immer gütig und gnädig, auch wenn er sich anders zeigt und anders spricht und unser ganzes Fühlen und Sinnen es anders wahrnimmt. Denn dadurch wird unser Fühlen in den Tod gegeben, und der alte Mensch geht unter, damit nichts als Glauben an Gottes Güte in uns bleibe und wir auf unser Fühlen gar nichts mehr geben. Denn hier sieht man, wie die Mutter Jesu an einem unerschütterlichen Glauben festhält und uns zum Vorbild wird. Sie ist ganz sicher, dass er gnädig sein wird, obwohl sie nichts fühlt. Darum stellt sie alles völlig seiner Güte anheim und schreibt ihm weder Zeit noch Ort, weder Ausführung noch Maß, weder Personen noch Namen der Erhörung vor. So sagt Maria im Glauben: »Er mache es, wann es ihm gefällt, und geschieht’s nicht während der Mahlzeit, so mag es danach geschehen. Seine Antwort habe ich als Demütigung empfunden, und ich will sie gern ertragen. Er stellt sich nur sauer und ist doch süß, das weiß ich.« Genauso wie Maria müssen wir es alle machen, dann sind wir wahre Christen.
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Johannes führt uns in seinem Bericht über Jesus sogleich zu den Festen, auf die Höhe des Lebens, zuerst zu einer Hochzeitsfeier, dem Höhepunkt des natürlichen Lebens. In Palästina war für den Jüngling und das Mädchen mit den sieben Tagen ihrer Hochzeit der Gipfel des Lebens erreicht. Nun kam aber damals in die Feier ein peinlicher Misston hinein. Der Wein ging aus. Man musste die Gäste zum Essen einladen ohne den festlichen Becher, der mit der Segnung geweiht wurde und dann bei allen eine Runde machte. Im Kreis der Frauen ging das Geflüster von Mund zu Mund: sie haben keinen Wein. Hoffentlich hat es das junge Ehepaar noch nicht gehört; sonst würde es rot vor Scham. So steht es mit unserem Vermögen, Feste zu feiern. Beständig drängen sich peinliche Störungen ein und um diese Gipfel unseres Lebens sammeln sich dunkle Wolken. Der Evangelist sagt uns: ihr könnt nicht feiern; Jesus aber konnte es und er bereitet das Fest auch euch. Was der Evangelist sagt, ist eine tiefe Wahrheit; wir bringen in der Tat bloß mit den natürlichen Mitteln kein ungestörtes Fest zustande.
In unserer Zeit wehrt sich die Christenheit gegen das Elend, das sich unser Volk durch den Trunk bereitet. In diesem Elend wird derselbe Tatbestand sichtbar, auf den Johannes uns achten heißt. Unser Volk kann nicht feiern, nicht so feiern, dass eine reine ungestörte Freude aus der Feier wird. Damals kam die Störung daher, dass sie keinen Wein hatten. Heute haben wir Wein genug und die Störung kommt daher, dass wir ihn haben. Bei ihm wird die festliche Freude gesucht, die Entspannung von der Anstrengung der Arbeit, die Erhebung über die Leerheit unserer Tage und daraus entsteht statt der Freude ein tiefer Jammer. Ich muss das, was mein Leben festlich macht, aus der Hand Jesu empfangen, aus Gottes schaffender Macht; sonst verwandelt sich jedes Fest in sein Gegenteil. Wenn mir die natürliche Gabe ungeheiligt bleibt, so hat dies seinen Grund in der Verwüstung meines inwendigen Lebens. Darin wird sichtbar, dass ich noch in der Irre schweife und meinen Platz vor Gott nicht gefunden habe. Diesen Platz weist mir Jesus an, und wenn ich ihn gefunden habe und weiß, wie Gott sich zu mir stellt, dann kann ich feiern, einerlei mit oder ohne Wein.
Ich empfange aus Deiner Hand, Vater, täglich, was ich bedarf, und mehr als ich bedarf, viel Anlass zur Freude, manches, was mir Genuss gewährt. Ohne Dich befleckt und verdirbt es mich. Aber in Deiner Hand wird auch das Natürliche zum Lebensbrot, für das ich Dir Dank schulde und Dank sage. Amen.