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Predigten zu Jesaja 64,4
Zitate von Christoph Blumhardt anzeigen
Es ist ein großer Trost, wenn man sich dessen erinnern kann, daß Gott auch da, wo Schuld und große Schuld war, dennoch geholfen hat.
Es kann uns freilich bange werden und der Mut will uns ganz entschwinden, wenn wir in der Trübsal das Gefühl haben, daß Gott zürne und darum Seine Strafe so hart mache; und wenn wir uns auch dessen gar gut bewußt sind, warum Er zürne. Aber man hat's erfahren, daß Gott in ähnlichen Lagen dennoch geholfen hat, wenn man sich ernstlich zu Ihm wandte. Das ist denn ein herrlicher Trost in allen Bedrängnissen. Ja, es ist ein schönes herrliches Dennoch, daß es heißt: „Aber dennoch ist geholfen worden“ 1 Das muß immer wieder wahr werden, daß Gott dennoch hilft, sei die Schuld auch noch so groß. Darum sagt auch David (Ps. 103, 9f.): „Er wird nicht immerdar hadern noch ewiglich Zorn halten. Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden und vergilt uns nicht nach unsrer Missetat.“
Darum wollen wir den Mut zur Gnade Gottes nie aufgeben! Oft sagen die Leute, das sei das Ärgste an ihrer Trübsal, daß sie's selber verschuldet hätten; und das ist's, was sie ganz in Verzweiflung bringen will. Begreiflich ist es wohl, daß so das Unglück besonders schwer auf dem Menschen liegt, zumal dieser immer so gerne der Unschuldige wäre, der zum lieben Gott sagen könnte: „Warum schlägst Du mich so, der ich doch so brav bin?“ Aber vergessen wir's nicht, daß wir Gnadenkinder sein und als Gnadenkinder uns fühlen müssen. Darum lässt's Gott oft recht herausgestellt werden, wer wir sind, damit wir um Gnade schreien lernen. Wenn Er aber unsre Sünde heimsucht, so dürfen wir darüber, daß wir selbst schuld an
allem sind, die Hoffnung nicht aufgeben; und auch wenn wir fühlen, daß Gott zürne - und mit Recht zürne -, dürfen wir nicht denken, Er werde ewiglich zürnen und sei nicht mehr zu versöhnen. Wir dürfen uns dennoch an die Gnade anklammern.
Und es wird nach der Erfahrung dennoch geholfen, obwohl wir selbst schuld sind, wie es eben sein kann. überhaupt ist oft das, was wir bei Gott „Zorn“ nennen, lauter Liebe. Und zuletzt wird das Erbarmen Gottes - wenn auch anfangs langsam, doch immer mehr - so offenbar sein, daß nichts als Lob und Dank im Herzen übrig bleibt.
Dennoch Hilfe
Der Prophet spricht diese Worte in einem eigentümlichen Zusammenhang aus. Er versetzt sich in eine Zukunftszeit, da für das Volk Gottes der Himmel wie verschlossen sein und da Gott sich gar verborgen haben würde, ohne auf das Bitten und Flehen Seiner Kinder zu amten. Man erinnere sich, wie unmittelbar sich einst der HErr Seinem Volke bezeigt hatte! Da seufzt der Prophet (Jes. 64, 1): „Ach, daß Du den Himmel zerrissest und führest herab, daß die Berge vor Dir zerflössen!“ Dabei hält er dem HErrn vor, daß Er doch in früheren Zeiten, auch wenn Er zornig gewesen sei, Sich doch habe erweichen lassen und dennoch geholfen habe. „Warum“, sagt er (64, 12) „willst Du jetzt so hart sein und schweigen und uns so sehr niederschlagen?“ Und vorher hatte er gesagt (63, 17): „Warum lässest Du uns, HErr, irren von Deinen Wegen und unser Herz verstocken, daß wir Dich nicht fürchten?“ So seufzt und betet der Prophet aus einer Zukunftszeit heraus, die kommen würde.
Wir wissen aber, wie Jesaja stets auf die messianischen Zeiten hin redet, und zwar nicht nur auf deren Anfang, sondern auch auf ihren Schluß, welcher die Vollendung bringt. Auf beides beziehen sich daher unsre Worte. Ehe Christus kam, war's wirklid1 so, als ob Gott ganz ferne getreten wäre und als ob alles Flehen derer, die auf das Reich Gottes warteten, umsonst wäre. Aber endlich tat sich der Himmel auf und offenbarte sich der HErr in der verheißenen Herrlichkeit (in Christus).
In unserer Zeit aber ist's wieder so geworden, daß der HErr in weiter Ferne zu stehen scheint, als ob Er vergessen oder aufgegeben hätte, das Angefangene zu vollenden. Man sieht Verfall und Schwachheit und übermacht der Finsternis von innen und außen in hohem Grade allenthalben; und das persönliche Sich-Bezeigen und Helfen Gottes scheint fast aufgehört zu haben. Da hat man Ursache wieder zu beten, wie es uns Jesaja auf solche Zeit hin in den Mund legt: „Warum lässest Du uns, HErr, irren auf unsern Wegen und unser Herz verstocken, daß wir Dich nicht suchen?“ Da liegt selbst in dem der Zorn Gottes verborgen, daß Er uns nicht den Geist der Buße und der Furcht sendet; daß Er also Kräfte zur Erneuerung der Herzen, wie sie uns so nötig wäre, gleichsam vorenthält. Ein Zorn Gottes aber ist es darum, weil uns der rechte Ernst und das rechte Verlangen nach Ihm und Seinen Erweisungen fehlt, wodurch die Gesamtschuld der Christenheit, des Volkes Gottes, groß geworden ist.
Sollen wir aber nun weitere Hoffnungen aufgeben? Nein, wir nehmen den Seufzer des Propheten als einen Wink, daß wir in ähnlicher Weise seufzen und beten sollen, weil dies der Weg zu etwas Besserem ist. Wir halten uns auch wie er an die geschichtlichen Tatsachen, daß Gott, „auch wenn Sein Volk sündigte und lange darin verblieben war, dennoch geholfen hat“. Der HErr kann nicht ewiglich Zorn halten, Er kann nicht - wenn Er auch noch so viele Ursachen dazu hätte - das Weitere, das verheißen ist, aufgeben. Wir können Ihn wieder herbeibeten, wie auch der Prophet endlich Antwort bekam (Jes. 65, lff.). Endlich wird Er's wieder in die Hand nehmen, wird Er sich aufmachen und Seine Gnaden und Gnadengaben in Strömen kommen lassen über Sein verlassenes, verstörtes und weit verirrtes Volk - auf den Tag der letzten Offenbarungen hin.
Du begegnetest den Fröhlichen, und denen, so Gerechtigkeit übten
Selbst dann, wenn Er die Ungerechten mit Gericht heimsucht, gedenkt Gott der Barmherzigkeit für sein Volk. Er begegnet ihm, als ihr Helfer, ihr Heiland. Aber Er naht sich uns immer auf demselben Pfade; und diesen müssen wir betreten, wenn wir Ihm begegnen wollen. Es ist der Pfad zuversichtlicher Erwartung, freudigen Gehorsams, und heiliger Erinnerung an Ihn (Vers 4). Hier kommt Er uns gnädiglich entgegen, nimmt sich unserer an und offenbart uns Dinge, die kein Mensch, gehört, noch gesehen hat. Diese Begegnungen sind von Alters her Gottes Weise mit seinen Knechten gewesen. Es war seine tägliche Gewohnheit, auf den tauigen Gefilden des Paradieses Adam zu begegnen und mit ihm zu reden. Gleichwie Melchisedek nach schwerem Streit Abraham entgegen ging, so kommt Christus zu seinen Jüngern, wenn sie eine schwere Pflicht erfüllt, einen ernsten Kampf mit dem Bösen bestanden haben, und bringt ihnen himmlische Erquickung. Wie Er Maria Magdalena am offenen Grabe, den zwei nach Emmaus Wandernden, den Jüngern im Morgengrauen am Ufer des Sees begegnete, so begegnet Er uns noch heute. Eine solche Begegnung ist eine sehr freudige Erfahrung. Am frühen Morgen gibt sie uns Kraft und Mut für den ganzen Tag; am Abend ist sie eine unschätzbare Erquickung, ein süßer Trost. Zuweilen begegnet uns Jesus aus dem unscheinbaren Pfad unserer täglichen Aufgabe, und ehe wir es uns versehen, hebt Er uns zu sich empor in seinen Wagen. Die, denen Er also begegnet, begleitet Er auf dem Wege; die Er begleitet, stärkt und erhält Er.
Es ist sehr tröstlich zu wissen, dass unser lieber HErr nicht der Veränderung unterworfen ist. Fort und fort, ohne den Schatten eines Wechsels, wird Er uns immerdar begegnen und uns segnen.