Predigten zu Jesaja 29,19

Die Sanftmütigen werden ihre Freude haben am HErrn

Selig sind die Sanftmütigen,“ „selig sind die da geistlich arm sind,“ sagte der HErr. Was ist Sanftmut, und warum wird es so besonders betont, dass die Sanftmütigen Freude haben werden? Sanftmut unterscheidet sich von Demut und Bescheidenheit. Sie bezeichnet unsere Stellung denen gegenüber, die uns verfolgen und übervorteilen, – da wir uns nicht auflehnen, der Gewalt nicht Gewalt entgegensetzen, sondern uns stillschweigend beugen, und das Unrecht über uns ergeben lassen. In solchem Geist der Sanftmut, ließ Jesus sich führen, wie ein Lamm zur Schlachtbank; und anstatt seine Legionen Engel zu rufen, erlaubte Er den bewaffneten Scharen des Hohenpriesters Kaiphas, Ihn zu binden. Dieser Sinn ist uns nicht angeboren. Von Natur bäumen wir uns auf gegen das Unrecht, und suchen, uns zu rächen. Aber dies ist nicht der Weg des Friedens und der Freude.

Der heilige Geist kann allein in uns die Sanftmut hervorbringen. Wenn du dann alle Beleidigung und Unfreundlichkeit mit unwandelbarer, christlicher Freundlichkeit erträgst, dich wie ein Schilf beugst vor dem Sturm, um darnach wieder aufzustehen, – dann wirst du Freude haben. Freude: weil dein Gott dich tröstet; weil du dich, in der Hitze der Leidenschaft, nicht hast gehen lassen, sondern versucht hast, andere von ihren bösen Absichten abzubringen; weil deine Hände dich nicht so gut hätten verteidigen oder aus der Schlinge ziehen können, wie Gott es getan hat; Freude: weil du erfährst, dass Schweigen stärker ist als Gewalt. Wer im Zorn und Ungestüm durchs Leben stürmt, sich beständig auf sein Recht beruft, immer hoch geachtet und um Rat gefragt werden will, der ist in immerwährender Unruhe. Aber die Sanftmütigen besitzen das Erdreich. Das Beste kommt für sie zuletzt; Gott selbst nimmt sich ihrer an, und indem sie in den Fußstapfen Jesu wandeln, nehmen sie teil an seiner Freude.