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Predigten zu Hohelied 8,5
Wer ist die, die heraufsteiget von der Wüste, und lehnet sich auf ihren Freund?
Auf der hügeligen Hochebene, von wo man aus Judäa zur Wüste hinübersieht, stehen die Töchter Jerusalems und erblicken die Braut, wie sie langsam von der Wüste heraufsteigt, und sich dabei stark lehnt an ihren Freund. Dies Bild stellt die Kirche Christi dar, ja jede einzelne, gläubige Seele. Wohl mag die Wüste als Vorbild dienen, der mannigfachen Erfahrungen der Jünger Jesu, die da Hunger und Durst leiden, ausgesetzt sind der verengenden Sonnenhitze der Versuchungen, und die langsam die Niederungen eines etwas mühsamen und eintönigen Daseins durchschreiten. Aber die Wüstenwanderung soll nicht unsere beständige Erfahrung bleiben. Von oben her wird uns gewinkt. Das Leben soll ein unaufhörliches Steigen sein, von Kraft zu Kraft, bis wir stehen vor Gott in Zion. Ist dein Pfad schwierig und gefährlich? Scheint es dir, du könnest niemals jene Höhen erreichen, die sich vor dir auftürmen? Bist du versucht, wie Hagar, dich der Verzweiflung und dem Tode preiszugeben? Siehe, es wandelt einer neben dir. Wende dich um und schaue Ihn an. Seine Hände tragen die Nägelmale. Er ist dein Freund, lehne dich an Ihn. Er gibt dir seinen Arm, dass du dich darauf stützest, und Er wird dich erhalten, ob auch Leib und Seele verschmachten. In der Wüste wird Er dir seine Zartheit, seine Allgenugsamkeit, seine Bereitwilligkeit zu helfen, auf eine Weise zu genießen geben, wie du sie nie erkannt hättest, wäre deine Not nicht so dringend geworden. Halte dich an Ihn, lehne dich fest auf Ihn, und sprich:
„Ich lege meine Hände – In deine starke Hand, Und weiß: sie führt am Ende – Mich heim ins Vaterland“