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Predigten zu Hebräer 5,8
Zitate von Charles Haddon Spurgeon anzeigen
"Wiewohl Er Gottes Sohn war, hat Er doch an dem, das Er litt, Gehorsam gelernt."
Es wird uns gesagt, dass der Herzog unsrer Seligkeit durch Leiden ist vollkommen gemacht worden; darum auch wir, die wir sündigen und ferne sind von der Vollkommenheit, uns nicht wundern dürfen, wenn wir gleichfalls berufen werden, durch Leiden hindurchzugehen. Sollte das Haupt mit Dornen gekrönt werden, und die andern Glieder des Leibes dürften sich gemächlich wiegen auf dem sanften Schosse der Behaglichkeit? Musste Christus durch Meere seines teuren Blutes hindurchwaten, um die Krone zu erringen, wie dürften wir in silbernen Schuhen trockenen Fußes zum Himmel eingehen? Nein! unsers Herrn und Meisters Lebenslauf lehrt uns, dass das Leiden notwendig ist, und das wahrhafte, echte Gotteskind darf und mag demselben nicht ausweichen, auch wenn es könnte. Es liegt aber ein sehr tröstlicher Gedanke darin, dass Christus "vollkommen gemacht ist durch Leiden," und der ist: dass Er vollkommenes Mitleiden mit uns haben kann. "Wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht könnte Mitleiden haben mit unserer Schwachheit." In diesem Mitleid Christi finden wir einen kräftigen Trost. Einer der ersten Blutzeugen sagte: "Ich ertrage es alles gern, denn Jesus hat vordem gelitten und leidet nun gegenwärtig in mir; Er hat Mitleid mit mir, und das stärkt mich." Liebe gläubige Seele, halte fest an diesem Gedanken in allen Ängsten und Trübsalen. Die Erinnerung an den Herrn Jesum möge euch stärken zur Nachfolge in seinen Fußstapfen. Suchet und findet eine liebliche Erquickung in seinem Mitleid, und seid eingedenk, dass um Christi willen leiden eine Ehre ist, ja, das Leiden um seinetwillen ist mehr als Ehre, es ist Herrlichkeit. Die Apostel freuten sich, dass sie würdig geachtet wurden, die Schmach Christi zu tragen. Gerade soviel der Herr uns Gnade gibt, für Christum zu leiden und mit Christo zu leiden, gerade soviel erzeigt Er uns Ehre. Der Schmuck eines Christen sind seine Trübsale. Die Hoheitsrechte der Könige, die Gott gesalbt hat, sind ihre Leiden, ihre Ängste, ihre Schmerzen. Darum wollen wir uns nicht flüchten vor der Ehre; wir wollen uns nicht abwenden, wenn wir erhöht werden. Die Schmach ehrt uns, und der Schmerz verklärt uns. "Dulden wir, so werden wir mit herrschen." So wir mit leiden, so werden wir auch mit zur Herrlichkeit erhoben werden.Das war und ist unsere gräuliche Sünde, dass wir immerdar meinen, wir wüssten des Herrn Willen und verständen es, zu urteilen über Gutes und Böses. Soll es aber bei uns heißen: Opfer und Brandopfer gefallen Gott nicht, alsbald werden wir irre. Aber Gehorsam ist besser denn Opfer, und Aufmerken ist besser denn das Fett von Widdern. Das ist dagegen unseres Herrn Jesu Christi Gnade, dass dieser Gehorsam und dieses Aufmerken bei seinem Volke da ist. Das hat er dargestellt dadurch, dass er den Gehorsam gelernt von seinem Vater, so dass er Tag für Tag, Schritt für Schritt es nicht in der Hand gehabt hat, es nicht bestimmt hat, es auch nicht gewusst hat, was er zu tun hatte, vielmehr ist er, wie aus seinen Gebeten zu ersehen ist, völlig und gänzlich von seinem Vater abhängig geblieben. Je nachdem er von dessen Geist getrieben wurde, ging er, ruhte er, und fragte nicht danach ob Gutes oder Böses für ihn daraus hervorkommen würde. Er hatte das Wort des Vaters vor sich, darin erkannte er dessen Willen, danach ging er einher. Aber bei jedem Schritt, welchen er tat, fühlte er sich verlassen, den Mächten der Hölle preisgegeben. Da schien es denn immerdar, als täte er Gottes Willen nicht; er schlug sich aber mit dem Worte und mit dem Gebet, mit Flehen, mit starkem Geschrei und mit Tränen durch, und so stellte er den Gehorsam wieder her, so lernte er den Gehorsam. Das ist es, was uns das süße Evangelium mit den Worten sagt: Er hat den Gehorsam gelernt an dem, was er litt.
Ja, Vater, ja von Herzensgrund,
leg’ auf, ich will dir’s tragen;
mein Wollen hängt an deinem Mund,
mein Wirken ist dein Sagen.
"Wiewohl er Gottes Sohn war, hat er doch an dem, das er litt, Gehorsam gelernt."
Wir schauen hier in eine Leidenstiefe, vor der unser Geist in Anbetung stille steht. Der heilige Gottessohn musste als Menschensohn den vollkommensten Gehorsam lernen, und dieser Gehorsam lernt sich nur im Leiden. Es gibt einen tätigen Gehorsam. Christus hat ihn während seines ganzen Erdenwandels geübt. Es gibt aber auch einen leidenden Gehorsam, der sich völlig und ergeben unter Gottes Willen fügt. Diesen lernte Jesus in Gethsemane unter starkem Geschrei und Tränen, und er errang vollkommenen Sieg mit den ewig denkwürdigen Worten: "Vater, nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!"
Lasst uns aus unserem Text zweierlei beherzigen. Immer von neuem wollen wir unseren Heiland preisen, dass er vor dem furchtbarsten Leiden, nämlich vor der Belastung mit den Sünden der ganzen Welt und dem darauf folgenden Fluch und Gericht, nicht zurückgebebt ist, sondern gehorsam wurde bis zum Tode am Kreuz. Und dann wollen wir in unseren eigenen Leidensstunden ihm willig und demütig nachfolgen, und uns mächtig trösten lassen durch die Erkenntnis, dass wir nur auf diesem Wege den wahren Gehorsam lernen können, der gerade im tiefsten Weh die höchste Seligkeit birgt.
Amen, Amen! In dem Namen Meines Jesu halt ich still. Es geschehe und ergehe, Wie und wann und was er will.