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Predigten zu Galater 4,19

"Meine Kindlein, um die ich abermals Geburtswehen habe, bis Christus in euch gestaltet worden ist;"

Autor: Adolf Schlatter (* 16.08.1852; † 19.05.1938) schweizer evangelischer Theologe und Professor fürs Neues Testament
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Wir Menschen können nicht miteinander verkehren, ohne dass wir uns aneinander anpassen und das Bild des einen dank des anderen ähnlich wird. Das macht unseren Verkehr miteinander gefährlich, so dass er uns oft schweren Schaden zufügt. Darum will ich auf Paulus achten. Er hat zwischen sich und den Galatern die innigste Berührung hergestellt. Aus seinem Herzen heraus strömt sein Wort, damit es auch ihnen in ihr Herz hineingehe. Sein Brief war die Frucht angestrengter Arbeit und ein heißes Ringen um die Einigung mit ihnen. Darum vergleicht er sein Schreiben mit der Anstrengung, die die Mutter leisten muss, damit das Kind den Weg ins Freie finde. Dabei ist aber nicht das sein Ziel, dass sein eigenes Bild in ihnen erscheine; denn er hat nur den einen Wunsch, dass Christus in ihnen Gestalt bekomme. Seine Gestalt erscheint an uns in dem Maße, als wir sein Werk sind. Das Werk ist immer ein Abbild dessen, der es macht, und dies hat die tiefste Wahrheit dann, wenn der Geist das Werk erzeugt. Indem Jesu Geist in uns wirksam wird, wird unser Wille durch seinen Willen bestimmt und dies gibt unserem Verhalten die Ähnlichkeit mit ihm. Paulus war nicht mehr imstande, im Verhalten der Galater den Christus wahrzunehmen. Denn wenn sie dem Gesetz dienen, weichen sie von Gottes Gnade und stützen sich auf das, was sie bei sich selber finden. Dadurch verschwindet Christus aus dem geistigen Antlitz der Gemeinde und darum bemüht sich Paulus um sie, damit Christus an ihnen wieder erkennbar sei. Damit hat er uns allen das Ziel für jeden Verkehr gezeigt, in den wir miteinander treten.

Ein Bild, Vater, gibt es, das Dir wohlgefällt und durch das wir zu Deinem Bild werden. Das ist das Bild Deines einigen Sohnes. Ihn gabst Du uns, damit wir Sein Bild empfangen, einst im Licht Deines ewigen Reichs, jetzt in der Übung des Glaubens, der Dein Wort bewahrt. So wollest Du mir in Deiner Gnade geben, dass Dein Name in meinem Munde nicht unkräftig und Dein Bild in meinem Leben nicht verdunkelt sei. Amen.


Autor: Frederick Brotherton Meyer (* 08.04.1847; † 28.03.1929) englischer Baptistenpastor

Bis dass Christus in euch eine Gestalt gewinne

Christus ist in uns,wenn wir wahrhaftig an Ihn glauben, wie der Saft in der Rebe, die Luft in der Lunge, der Dampf in der Maschine; aber er mag noch keine Gestalt in uns gewonnen haben. Ist es nicht möglich, dass jene unbeschreibliche Empfindung von Freude oder Schmerz, von Sehnsucht und ungestilltem Verlangen, einer tief innerlich vor sich gehenden Wirkung zuzuschreiben ist? Christus wird in uns ausgebildet, Er will unser altes böses Ich vom Throne stoßen und seine Stelle einnehmen.

Er muss wachsen, du musst schwinden, Klein und immer kleiner werden. Alles andre muss erblassen, Eins nur eins erfüll' dein Leben: Jesus, der Gekreuzigte.

Dass Paulus von Ängsten spricht, deutet darauf hin, dass die Gestaltung Jesu in uns nicht ohne Schmerzen geschehen kann. Wahrscheinlich wächst Christus in uns am schnellten, wenn wir im Glutofen der Trübsal sind. „Als mein Leiden unerträglich wurde,“ sagt einer, „da wurde ich mir bewusst, dass ein gewisser Teil meines Wesens, weder durch körperlichen Schmerz noch durch seelische Pein beunruhigt werden konnte. Es kam über mich ein Bewusstsein der Nähe Gottes, die mich umschloss, mich beruhigte und stillte – und dies war mir ebenso gewiss, als dass die Sonne schien.“ Der Tröster war gekommen, Jesus hatte eine Gestalt gewonnen.

Wenn das Ei zuerst gelegt wird, so ist ein winziges Pünktchen von Leben mitten in der dicken, klebrigen Flüssigkeit; dieses nimmt langsam zu, während das andere abnimmt. Schließlich ist kaum noch eine Spur der Flüssigkeit vorhanden; dann ist das Küchlein ausgebildet, die Eierschale wird zerbrochen und das kleine, flaumige Tierchen tritt hervor. In der Schale ist das Hühnchen ausgestaltet worden.