10.798 biblische Andachten und Predigten von Spurgeon, MacArthur, MacDonald, Christlieb, Eichhorn, Hofacker, Zinzendorf, Luther ...

Predigten zu Apostelgeschichte 28,31

"indem er das Reich Gottes predigte und die Dinge, welche den Herrn Jesum Christum betreffen, mit aller Freimütigkeit ungehindert lehrte."

Autor: Alfred Christlieb (* 26.02.1866; † 21.01.1934) deutscher Theologe
Zitate von Alfred Christlieb anzeigen

Treu bis zuletzt.

Unsere Verse enthalten die letzte Schilderung der Tätigkeit Pauli. Dreierlei tritt uns darin entgegen:

I.

Der alte Paulus steht immer noch freudig im Dienst. "Er lehrte mit aller Freudigkeit".

Man sagt oft vom Alter, dass es die Leute verdriesslich und mürrisch macht. Recht oft ist dies auch der Fall. Paulus hätte, menschlich gesprochen, manche Ursache gehabt, die Freudigkeit zu verlieren. Die lange, ungerechte Gefangenschaft, die Abwendung seiner Volksgenossen vom Evangelium auch hier in Rom (Vers 25 - 29), der Versuch, ihm auch während dieser Gefangenschaft "Trübsal zuzuwenden" (Philipper 1, 16).

Ja, Paulus hätte verbittert werden können im Blick auf das, was sich um ihn her ereignete. Aber auch der Blick über sein weites Arbeitsfeld hätte ihn verstimmen können. Schaute er nach Korinth, so gab es dort viel Uneinigkeit. Blickte er nach Galatien, so sah er viele sich wieder den Irrlehrern zuwenden. Richtete er den Blick nach Philippi, so waren dort manche Namenchristen, die "Feinde des Kreuzes Christi" waren, und den Bauch zu ihrem Gott machten. Blickte er auf die kaiserliche Regierung, so war keine Aussicht vorhanden, dass von dort dem Christenhäuflein Schutz gewährt würde.

Dennoch sehen wir, dass Paulus am Ende seiner Laufbahn nicht trübselig ins Dunkle starrte, sondern in derselben Freudigkeit dastand wie einst als junger Zeuge in Damaskus. O, wie köstlich ist ein alter Mann mit jugendlicher Freudigkeit im Herzen!

Wie ist diese Haltung von Paulus zu erklären? "Christus in ihm" war seine ewige Freudenquelle. Möchten alle Gotteskinder sie in sich haben!

II.

Weiter sehen wir: Der alte Paulus tut immer noch fruchtbaren Dienst. Er predigt noch das Reich Gottes und zeugt von dem Herrn Jesus. Er ist immer noch ein "Seelengewinner", denn "etliche fielen dem zu, was er sagte" (Vers 24). Er darf noch Briefe schreiben und einem Onesimus zurechthelfen.

Wie traurig ist es, wenn Menschen, die einst viele Frucht brachten, durch irgendeine Ursache aus dem Geleise kamen und unfruchtbar wurden. Wie köstlich aber, wenn einer dem Baum am Wasser gleicht, der ohne Aufhören Frucht bringt (Jeremia 17, 8).

Manche werden im Alter unfruchtbar dadurch, dass sie ausruhen auf dem, was sie früher geleistet haben. Davon erzählen sie nun allenthalben. Paulus hätte zu solchem Ausruhen eher Recht gehabt. Wie hätte er sich in dem Riesenwerk seiner Missionsreise bespiegeln können! Stattdessen - schafft er weiter! So lange Gott ihm Stimme und Kraft ließ, bezeugte er den Heiland, der ihn errettet hatte.

Ihr Freunde, die ihr einst nach eurer Errettung andern den Heiland bringen konntet, wie steht es heute mit eurer Fruchtbarkeit? Wer hat euch den Mund verstopft? - Der Teufel? Ist etwa die Zeit vorbei, wo man für den Heiland und sein Reich wirken soll? Nein, die Welt braucht den lebendigen Heiland nötiger denn je, der ihr durch seine Zeugen gebracht werden soll. O, lasst uns flehen, dass wir nicht unfruchtbar werden, sondern so lange der Herr uns hier lässt, für ihn wirken dürfen.

III.

Zuletzt lasst uns beachten: Der alte Paulus ist noch fromm. Das klingt, als sei das selbstverständlich. Aber Hiobs Geschichte zeigt, dass das Fromm bleiben keine selbstverständliche Sache ist!

Ständig war Paulus angekettet und begleitet von einem römischen Söldner. Wie mancher Rohling mag unter diesen gewesen sein! Wieviel Sünde und Schande umgab ihn in der lasterhaften Welthauptstadt! Wie leicht konnten ihm Asaphs Anfechtungen (siehe Psalm 73) kommen, wenn er die Paläste der römischen Großen ansah, und dann die Ketten am eigenen Arm klirren hörte. Konnten ihm nicht trübe Gedanken kommen wie einst Johannes dem Täufer im Gefängnis, wenn Monat auf Monat verstrich, ohne dass ihm die Freiheit zuteil wurde? Schien es nicht, als ob Gott ihm das Ganzopfer seines Lebens schlecht lohne?

Dennoch hängt Paulus unverrückt dem Herrn an. Dennoch blieb er ein Beter im Geist ohne Unterlass.

O, lasst uns Gnade suchen bei dem, der Paulus hindurchgetragen und bewahrt hat, dass er auch uns möchte freudig, fruchtbar und fromm bewahren bis an unser Ende. Amen.