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Predigten zu 1. Mose 6,3

"Und der HERR sprach: Mein Geist soll nicht ewiglich mit dem Menschen rechten, da er ja Fleisch ist; und seine Tage seien 120 Jahre."

Autor: Jakob Kroeker (* 1872; † 12.12.1948) wichtigster Vertreter des freikirchlichen russländischen Protestantismus
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"Da sprach der Herr: Die Menschen wollen sich von meinem Geist nicht mehr strafen lassen; denn sie sind Fleisch. Ich will ihnen noch Frist geben hundert und zwanzig Jahre."

In dieser Begrenzung lag bereits ein Gericht der Zeit. Durch sie erlebte die fortschreitende Entwicklung die schwerste Hemmung. Immer wieder traten hinfort Unterbrechungen ein, die man früher bei der weit längeren Lebensdauer der Menschheit nicht so stark empfunden hatte. In dieser Begrenzung lag aber auch ein unberechenbares Heil für jene Zeit. Denn jede Hemmung einer falschen und daher zum Untergang führenden Entwicklung bedeutete vermehrte Gnadenzeit für die damalige Menschheit.

Zwar musste Gott feststellen: "Mein Geist in den Menschen wird nicht immer Richter bleiben, da dieser ja auch Fleisch ist." Mit der beginnenden Verweltlichung der Gottessöhne sah Er jene Zeit kommen, wo seine Stimme im Menschen überhaupt nicht mehr würde vernommen werden. Bisher war diese "Gotteslampe", mit der Gott hineingeleuchtet hatte "in des Menschen geheimstes Innere", wenigstens in der sethitischen Geschlechtslinie nie verloschen. Ja, in einzelnen war sie sogar zu einer hell leuchtenden Flamme geworden, die in die Nacht der Zeit hineingeschienen und das Leben und Treiben jener alten Zeit in eine göttliche Beleuchtung gerückt hatte. Als Gott jedoch sah, dass die Söhne des göttlichen Geschlechts sich ohne Wahl mit den Töchtern der Welt vermählten, sprach Er: "Nun wird mein Geist im Menschen nicht ewig sein Richteramt üben." Ist doch der Dienst des Gottesgeistes im Menschen abhängig von der Unterordnung des Fleisches unter den Geist. Wo aber im Leben das Fleisch mit all seinen sinnlichen Trieben und Lüsten den Geist beherrschen kann, zieht sich Gottes Geist zurück. Alsdann verliert der Mensch das richtige Urteil über Göttliches und Menschliches, über Segen und Fluch, über Ewiges und Vergängliches.

Entzieht Gott aber erst seinen Geist dem Menschen, dann bleibt der Mensch sich selbst überlassen. Er sieht sich genötigt, eines Tages die letzten Konsequenzen seines Handelns ohne Gott zu ziehen. Diese waren in der Geschichte jedoch noch immer Katastrophe und Gericht. Angesichts dieser erschütternden Wahrheit konnte in viel späteren Jahrtausenden ein Gottesprophet in die Weltgeschichte jene großen Worte schreiben: "Die Welt vergeht mit ihrer Lust, wer aber den Willen Gottes tut, der bleibt in Ewigkeit." Denn alles Leben, das aus dem Fleisch geboren wird, ist fleischlich in seiner Gesinnung und streitet wider Gott. Leben aber, das wider Gott streitet und die Welt Gottes verneint, bricht in seinem Kampf wider Gott zusammen.


Autor: Hermann Friedrich Kohlbrügge (* 15.08.1803; † 05.03.1875) niederländischer reformierter Theologe

Woher dieses, dass alles Fleisch seinen Weg verdorben und verdirbt, dass aus Unreinen kein Reiner geboren wird, dass wir alle in Ungerechtigkeit geboren und in Sünde empfangen sind? Woher dieses Sündenelend, das, obschon tausendmal heiß beweint, ja feierlich abgeschworen, sich bei den heiligsten Beschäftigungen, ja auf dem Totenbette selbst, nicht austreiben lässt? Ach, wie werden wir alle mitten in diesem Leben von dem Tode, welcher der Sünde Sold ist, festgehalten! Und niemand kann diesem Tode entrinnen. Kein Haus, wo derselbe nicht hineintritt, es sei nach mancherlei Vorboten, es sei unvermutet. Und wer kann sagen: Was tust du, o Tod, was tust du, o Gott? Das Gewissen sagt es uns: es ging eine Schuld vorher. Der Säugling hat Erbschuld, das entwickelte Kind Schuld des Ungehorsams, und in der ferneren Lebenszeit erscheint die Schuld, die aus der Wurzel des Geizes und des Totschlags entspringt, allerlei Bosheit gegeneinander, Hass und Neid, dazu Widerwille gegen Gott, gegen seinen seligen Dienst und sein herrliches Gesetz! Wer kann wohl sprechen: Ich bin alt und weise genug, ich werde mich selbst wohl bewahren, nicht allein vor dem Bösestun gegen Gott, sondern auch vor den argen Gedanken in Bezug auf Gott. Aus dem Letzten wird nichts. Nur wer aus Gott geboren ist, bleibt in Gott und bewahret so sich selbst; jeder, der das nicht ist, fällt stets und überall durch.

Mitten wir im Leben sind
mit dem Tod umfangen.
Wen suchen wir, der Hilfe tu',
dass wir Gnad erlangen?
Das bist du, Herr, alleine!
Uns reuet unsre Missetat,
die dich, Herr, erzürnet hat.