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Predigten zu 1. Mose 18,23
Zitate von Jakob Kroeker anzeigen
Von der Macht des Gebetes.
"Siehe, ich habe nun einmal angefangen, zu meinem Herrn zu reden, und ich bin doch Staub und Asche." 1.Mose 18,23
Je freimütiger der Umgang der Gerechten mit Gott wurde, je offener sie über das Weh ihrer Zeit mit Gott redeten, desto tiefer kam ihnen ihre eigene Nichtigkeit und Unwürdigkeit zum Bewusstsein. Männer, die wie Elia und Jeremia im öffentlichen Leben und im Kampf mit der Welt als unerschrockene und unbeugsame Persönlichkeiten standen, an denen sich alle feindlichen Wellen brechen mussten, lagen in ihrer Ohnmacht im Staub, wenn sie allein im Allerheiligsten die Nöte ihres Volkes mit Gott besprachen.
Aber so sehr der Mensch, der den Glaubensumgang mit Gott gefunden hat, auch "Staub und Asche" ist, so lebt in ihm dennoch ein Leben, das unendlich mehr als nur "Staub und Asche" ist. Durch Gottes Offenbarung selbst ist in ihm ein Leben, ein Mitleid, ein Rechtsempfinden, eine Freimütigkeit gewirkt worden, in denen er wagt, vor Gott zu treten. Als solch eine Persönlichkeit stand Abraham vor dem Herrn und redete mit Ihm nicht über eine Not seiner Seele, oder seiner Zelte und Herden. Er sprach über die Möglichkeit der Rettung Sodoms und Gomorras. Denn wer wie Abraham für eine Weltmission berufen worden, wird eines Tages auch ein Weltweh auf seinem Herzen tragen. Die Welt öffentlich zu segnen vermag nur, wer im Verborgenen für die Welt beten kann. Wahrer Prophetendienst floss daher immer aus einer mitleidenden Priester- und Prophetenseele.
Eine priesterliche Gesinnung, wie sie in Abrahams Fürbitte Fleisch wurde, ist ein Beweis, wie sehr Gott Abraham in die Mitarbeit seines eigenen Geistes hineinzuziehen suchte. Konnte die zukünftige Weltmission Abrahams doch nur darin bestehen, Mitarbeiter Gottes zu sein. Das war je und je wahres Prophetentum, wenn durch den Propheten das Herz Gottes sprach.
Wenn Abraham nun fragte, ob der Herr die Gerechten wirklich mit den Schuldigen in den Untergang hineinreißen wolle, so lag dieser Frage niemals der Gedanke zugrunde, als ob Gott so ungerecht sein könne, die Gerechten mit dem gleichen Gericht zu bestrafen, dem die Gottlosen anheim fallen. Wie oft haben zwar auch Gerechte das Gericht der Ungerechten miterleben müssen, wie Noah das Flutgericht. Sie durchlebten es aber als Gerechte immer anders als die Welt. Wer zuvor innerlich dem entrückt war, was zum Gerichte führte, für den bedeutete es vielfach weit mehr Erlösung als Gericht. Gerechte können ein Weltgericht durchleben und doch nicht gerichtet werden.
"Willst Du denn den Gerechten mit dem Gottlosen umbringen?"
Wir betreten den Hain Mamre und lauschen der denkwürdigen Unterredung zwischen Abraham und seinen Gästen, während sie über die Gefilde nach Sodom blicken, das vernichtet werden soll (1. Mose 18, 16 - 33). - Der ganze Auftritt ist schon seiner Art nach so fein - ob man nun auf die Milde des himmlischen Vaters oder auf das vertrauliche und eifrige Verhalten Seines gläubigen Knechtes sieht -, dass es die Herzen aller Gläubigen erfreuen kann. Er zeigt uns aber zu gleicher Zeit auch, was alle Gläubigen in ähnlichen Zeiten zu tun haben. Er öffnet uns einen Blick ins Herz eines gläubigen Freundes Gottes gerade zu einer Zeit, als ein gottloses Volk mit einem Strafgericht des Herrn heimgesucht werden sollte.Noch anziehender aber und den Glauben stärkender ist der Blick, den er uns in das erbarmende Herz des himmlischen Vaters öffnet und in den hohen Wert, den Er auf Seine Gläubigen setzt, da Er wegen nur zehn Gerechter eine ganze Stadt voll gottloser Verräter verschonen will. Wer in der Bibel den Bericht in seinem Zusammenhang liest, sieht auch, wie der himmlische Vater auf den Standpunkt Seines Knechtes eingeht, Seine Majestät verbirgt und Sein Gottwesen in eine menschliche Gestalt und Seine Gedanken in menschliche Redeweisen kleidet, so, als sähe und höre man nur einen Menschen - und dies alles, um bei Seinem Knecht jede Furcht zu entfernen und sein Zutrauen ganz an sich zu ziehen. Dies gelingt Ihm auch. Wir sehen, wie der Glaube des Abraham mehr und mehr von der Freundlichkeit Gottes entzündet wird, so dass er Schritt für Schritt in seinen Bitten weitergeht, obwohl er wegen seiner Kühnheit immer verlegener wird. - Als er hörte, dass der Herr um fünfzig Gerechter willen Sodom verschonen wollte, sah er doch ein, dass trotz dieses Zugeständnisses die bedrohten Städte dem Zorn Gottes anheimfallen mussten. Darum hielt er es für nötig, immer wieder die Anzahl zu beschränken; und als er endlich bei zehn stehenblieb und noch die Versicherung der Gebetserhörung erhielt, schien es ihm, dass eine weitere Verkleinerung eine Kränkung der Gerechtigkeit des Allerhöchsten wäre, und dass der Herr, wenn sich nicht einmal zehn Gerechte finden würden, keinen Einhalt in dem Urteile Seiner Gerechtigkeit gebieten könne. Deshalb war der Patriarch zeitig am nächsten Morgen unruhig an dieselbe Stelle zurückgekehrt, an der er mit dem Herrn geredet hatte. Mit Besorgnis sah er den Rauch aus dem Tal wie Rauch aus einem Ofen aufsteigen. Er hatte also einen tiefen Eindruck von der Gerechtigkeit Gottes erhalten. Er wusste, dass der folgende Morgen ihm den entscheidenden Ausschlag geben würde.
Der Herr stand mit Seinem Knechte auf einer Höhe, von der aus man Sodom und seine Nachbarschaft überblicken konnte. So hat auch jeder Gläubige durch das Licht des Geistes einen über die menschlichen Umstände erhabenen Blick und sieht oder erkennt in den erschütternden Weltbegebenheiten die Gedanken des Allmächtigen; er sieht, dass es Gottes Wahrheit und Seine Gerichte sind, die sich darin offenbaren. Der Herr sagte dem Abraham, was Er mit Sodom und Gomorra tun wollte. Auch uns offenbart Er durch Sein Wort Seine Ratschlüsse. Wir wissen: Wenn ein Volk nicht mehr auf die Stimme des Herrn achtet, sondern frech sowohl Seine Gebote als auch Seine Barmherzigkeit mit Füßen tritt, dann steigt das Geschrei der Sünden gen Himmel und der Feuereifer des Allmächtigen wird in großen Heimsuchungen herabgerufen.
Was wir dann tun sollen, haben wir jetzt gesehen. Wer mit einem vertraulichen Kindschaftsgeist von Gott begnadet ist, so dass er mit Ihm wie ein Kind mit seinem Vater reden kann, der muss diese Gnade anwenden, vor den Herrn hintreten und vor Ihm mit Fürbitten für die eintreten, die von Seinen Heimsuchungen bedroht sind. Lasst uns Gebete und Fürbitten aufsenden für alle Menschen, für die Könige und für die Obrigkeit, für die Gemeinde Christi und für unsere Nächsten. Gott will große Dinge tun, am liebsten aber auf die Gebete Seiner Kinder hin, auf dass Seine Gnade erkannt und gepriesen werde; darum müssen wir viel von Ihm begehren. Wir sehen, wie der fromme Patriarch sich demütig sechsmal erbittet, noch etwas mehr begehren zu dürfen; und nicht ein einziges Mal war sein Gebet erfolglos. Gott antwortete ihm jedesmal gnädig. - So oft wir um Erbarmen für Sünder beten, sind auch wir dessen versichert, dass unser Gebet Gott angenehm ist; denn es stimmt dann so recht mit Seinem eigenen Herzen überein. Die Fürbitten der Gläubigen machen zwar die Urteile Gottes und die Gesetze Seines Gnadenreiches nicht zunichte. Wer vorsätzlich dem Geist des Herrn widersteht, der kann, wie wir an den unbussfertigen Juden sehen, nicht einmal durch Christi eigene Fürbitten und Tränen errettet werden. Dies aber bewirkt die Fürbitte: Gott tut etwas Besonderes für diejenigen, die Gegenstand der Gebete Seiner geliebten Freunde sind. Wir sehen ja, dass der Herr herzlich willig war, diesen bedrohten Städten zu vergeben, auch wenn nur zehn Gerechte darin gefunden würden.
Aber noch etwas sollen wir aus dieser Bibelstelle lernen. Es ist zwar etwas überaus Herrliches, was hier aus dem Herzen Gottes hervorleuchtet. Sieh, wie teuer vor den Augen Gottes ein einziger Gerechter ist, der durch den Glauben in Christi Blut gerecht gemacht wurde, Vergebung der Sünden hat und der Heiligung nachstrebt. Wegen einiger wenigen solcher will der Herr eine ganze Stadt voll Gottloser verschonen. Der Herr Jesus muss dann gewiss einen teuren Schatz auf Erden an all Seinen dort zerstreuten Gläubigen haben! Dieses müsste uns innig zu Seinen Füßen hinziehen und tief beugen. Und nächst der Fürbitte unseres großen Hohenpriesters ist nichts so bestimmend für die Wege des Herrn mit den Völkern, wie Sein Herabschauen auf die wenigen Gerechten und ihre Fürbitten.
Abraham trat herzu
Es ist wichtig, dass wir auf die verschiedenen Stellungen Abrahams achten: er saß, (Vers 1), bückte sich (Vers 2), ging mit (Vers 16), stand vor dem HErrn (Vers 22), hier tritt er herzu.
1. Er trat herzu mit heiliger Ehrfurcht
„Ich habe mich unterwunden zu reden mit dem HErrn, wiewohl ich Erde und Asche bin.“ Der Boden, auf dem Er stand, war heilig, und wenn er auch in der Inbrunst seines Verlangens darauf stehen blieb, so vergaß er doch nicht, dass auch die innigste Gemeinschaft eines Menschen mit Gott, mit heiliger Scheu und Ehrfurcht gepaart sein muss, die daran gedenkt, dass Er ein verzehrendes Feuer ist.
2. Er trat herzu im Glauben
Ein seliger Ausblick auf den kommenden Tag Christi war ihm gewährt worden. Es war ihm das eine, vollkommene und allgenugsame Opfer geoffenbart worden, durch welches den Sündern der offene Zugang zum Vater gewährt wird. Diejenigen, die da den neuen und lebendigen Weg kennen, den Jesus uns eröffnet hat, die haben Freudigkeit zum Eingang in das Heilige, gehen hinzu mit wahrhaftigem Herzen, in völligem Glauben.
3. Er trat herzu als Fürsprecher
Nie kommen wir Gott näher, als wenn wir andere vor Ihm vertreten. Dann betreten wir das innerste Heiligtum, und dürfen so dringend bitten, wie wir es für uns selbst nicht wagen würden. Als das syrophönizische Weib für ihre Tochter bat, da kam sie bis zu den Füßen Jesu. Möchtest du den Zugang zum Allerheiligsten finden? Dann gehe dorthin, als ein Bote für andere.
4. Er trat mit Inbrunst hinzu
In seiner Seelenangst, als er um sein Leben bat, fiel Haman auf die Knie vor Esther. Zuweilen scheint Gott mit Seiner Antwort zu zögern; aber es ist nur, um uns immer näher, immer zuversichtlicher heranzuziehen, bis wir gewahr werden, dass wir ganz allein in Seiner heiligen Gegenwart stehen.