Zieh ein zu deinen Toren    

1) Zieh/Zeuch ein zu deinen Toren,
sei meines Herzens Gast,
der du, da ich verloren,
mich neugeboren hast,
o hochgeliebter Geist
des Vaters und des Sohnes,
mit beiden gleichen Thrones,
mit beiden gleich gepreist.

2) Zieh ein, lass mich empfinden
und schmecken deine Kraft,
die Kraft die uns von Sünden
Hilf und Errettung schafft.
Entsündge meinen Sinn,
dass ich mit reinem Geiste
dir Ehr und Dienste leiste
die ich dir schuldig bin.

3) Du bist das heilge Öle
dadurch gesalbet ist
mein Leib und meine Seele
dem Herren Jesus Christ
zum wahren Eigentum,
zum Priester und Propheten,
zum Kön'ge den in Nöten
Gott schützt im Heiligtum.

4) Du bist ein Geist, der lehret
wie man recht beten soll,
dein Beten wird erhöret,
dein Singen klinget wohl;
es steigt zum Himmel an,
es steigt und lässt nicht abe,
bis der geholfen habe
der allen helfen kann.

5) Du bist ein Geist der Freuden,
vom Trauern hältst du nicht,
erleuchtest uns im Leiden
mit deines Trostes Licht.
Ach ja, wie manches Mal
hast du mit süßen Worten
mir aufgetan die Pforten
zum güldnen Freudensaal!

6) Du bist ein Geist der Liebe,
ein Freund der Freundlichkeit,
willst nicht, dass uns betrübe
Zorn, Zank, Hass, Neid und Streit.
Der Feindschaft bist du feind,
willst, dass durch Liebesflammen
sich wieder tun zusammen,
die voller Zwietracht seind.

7) Du, Herr, hast selbst in Händen
die ganze weite Welt,
kannst Menschenherzen wenden,
wie dir es wohlgefällt;
so gib doch deine Gnad
zum Fried und Liebesbanden,
verknüpf in allen Landen
was sich getrennet hat.

8) Ach, edle Friedensquelle,
schließ deinen Abgrund auf,
und gib dem Frieden schnelle
hier wieder seinen Lauf!
Halt ein die große Flut,
die Flut, die eingerissen,
so dass man sieht fließen
wie Wasser Menschenblut!

9) O lass dein Volk erkennen
die Vielheit ihrer Sünd,
auch Gottes Grimm so brennen,
dass er bei uns entzünd
den ernsten bittern Schmerz
und Buße die bereuet,
des sich zuerst erfreuet
ein weltergebnes Herz.

10) Auf Buße folgt der Gnaden,
auf Reu der Freuden Blick;
sich bessern heilt den Schaden,
fromm werden bringet Glück.
Herr! tu's zu deiner Ehr,
erweiche Stahl und Steine,
auf dass das Herze weine,
der Böse sich bekehr.

11) Erhebe dich und steure
dem Herzleid auf der Erd,
bring wieder und erneure
die Wohlfahrt deiner Herd!
Lass blühen wie zuvorn
die Länder so verheeret,
die Kirchen so zerstöret
durch Krieg und Feuerszorn.

12) Beschirm die Polizeien,
bau unsrer Fürsten Thorn,
dass sie und wir gedeihen;
schmück als mit einer Kron
die Alten mit Verstand,
mit Frömmigkeit die Jugend,
mit Gottesfurcht und Tugend
das Volk im ganzen Land.

13) Erfülle die Gemüter
mit reiner Glaubenszier,
die Häuser und die Güter
mit Segen für und für;
vertreib den bösen Geist,
der dir sich widersetzet
und was deine Herz ergötzet
aus unsern Herzen reißt.

14) Gib Freudigkeit und Stärke,
zu stehen in dem Streit,
den Satans Reich und Werke
uns täglich anerbeut.
Hilf kämpfen ritterlich,
damit wir überwinden
und ja zum Dienst der Sünden
kein Christ ergebe sich.

15) Richt unser ganzes Leben
allzeit nach deinem Sinn,
und wenn wir's sollen geben
in 's Todes Hände hin,
wenn's mit uns hie wird aus,
so hilf uns fröhlich sterben
und nach dem Tod ererben
des ewgen Lebens Haus!

Dieses Gebet zum Heiligen Geist schlägt einen weiten Bogen. Von der Bitte um Gottes Gegenwart – nichts anderes ist im Grunde mit der Rede vom Heiligen Geist gemeint – über den Lobpreis von Weisung, Freude und Lob, die aus dieser Gegenwart erwachsen, führt es zu einem umfassenden Fürbittegebet. Dieses lässt die damalige Aktualität am Ende des Dreißigjährigen Krieges erkennen, und trotz gewandelter gesellschaftlicher Verhältnisse ist diese Aktualität weltweit leider ungebrochen. Abgeschlossen wird das Lied, wie häufig im Barock, durch den Ausblick auf die Ewigkeit. Die Melodie stammt vom Berliner Nicolai-Kantor Johann Crüger und zeigt die für diesen Komponisten bezeichnende Gestaltung, die sich an den Melodien des Genfer Psalters orientiert, mit schlichter Rhythmik und großräumiger Bewegung. (Andreas Marti)

Auch nach folgender Melodie zu singen: Von Gott will ich nicht lassen

Text: (1653)
Melodie: (1653)
CCLI-Nr.: 4349013

Das Lied "Zieh ein zu deinen Toren" ist in 15 Liederbüchern enthalten:

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