1) Wo wandelst du im zarten Lilienschleier
du Huldgestalt mit lichtumfloss'nem Haupt?
Dort, wo der Freund bei ernster Totenfeier
den Freund beweinet, den das Grab ihm raubt';
dort trocknest du die herben Tränen ab
und pflanzest Immortellen auf sein Grab.
2) Da wandelst du, wo einsam und verlassen
die Unschuld leidet, trostlos, ungeseh'n.
Sie sah der Hoffnung Morgenlicht erblassen,
ihr Blumenland in Stürmen untergeh'n.
Nacht deckt ihr Leben; doch die Hoffnung naht
und räumt die Dornen von dem dunkeln Pfad,
3) Und hebt die Seele über Lust und Schmerzen
empor zum stillen Heiligtum der Ruh'.
Da heilt der Gram im matten, wunden Herzen,
es wallt dem Morgen, wallt der Heimat zu.
Ein Strahl des ew'gen Lichts verklärt die Welt;
die Schatten flieh'n, der trübe Nebel fällt.
4) Die Seele, die mit himmlischem Verlangen
dich einmal wahrhaft suchte, wahrhaft fand,
auf ewig wird sie dich mit Lieb' umfangen.
Du, treuste Freundin, uns von Gott gesandt,
sei stets uns nah! Hilf jeden Kampf bestehn,
und lass im letzten deine Kron' uns seh'n!