1) Wo soll ich mich hinkehren
ich dummes Brüderlein?
Allein zu Gott, meinem Herren,
der wird mein Helfer sein.
In aller meiner Not,
vertrau ich dir, mein Gott:
du wirst mich nicht verlassen,
mir beistehn bis in Tod.
2) Ich hab mir auserkoren,
mein Gott, dein teures Wort:
darum hab ich verloren
der Welt Huld an allem Ort.
Gotts Huld liebt mich fürbass,
drum ich die Welt verlass:
hab Urlaub, arge Welt,
ich bleib auf Christi Straß.
3) Durch dich bin ich gezogen,
du ungetreues Meer,
hast mich lang gnug betrogen,
aufg’halten mit deim Heer.
Ich war der Sünden Knecht
tat wider Gott Unrecht,
ward blieb und wert gehalten,
jetzt bin ich gar verschmäht.
4) Ein Schauspiel in der Welte
jetzund an allem Ort,
tun mich ein' Ketzer schelten,
dass ich lieb Gottes Wort.
Kein' bessern Schatz ich hab,
lass mich nicht wenden ab
von meinem Gott und Herren:
darum bin ich Schabab (verachtet).
5) Kein' Platz hab ich auf Erden:
wo ich doch nur hinkomm,
muss ich gepeinigt werden;
Armut ist mein Reichtum,
kreuz und Trübsal mein' Freud
band und Gefängnis mein Kleid:
solche Hoffart tut geben
der König in Ewigkeit.
6) Mit Ruh mag ich nicht bleiben
bei den Tieren im Wald,
herfür tut man mich treiben,
wo ich mich aufenthalt.
Darf nirgend in kein Haus,
sonst jagt man mich doch draus;
muss mich ducken und schweigen,
unmerkbar wie ein' Maus.
7) Ich bin auch gar verlassen
von allen Freunden mein,
verlegt sind mir all' Straßen,
ihr G’fangner muss ich sein:
wo sie nur finden mich,
da muss herhalten ich,
tun mich raufen und schlagen,
hassen unschuldiglich.
8) Sie tun mir nicht vergunnen
vom Tisch die Brosamlein,
das Wasser aus dem Brunnen,
noch auch der Sonnen Schein:
vor ihn' hab ich kein' Fried,
ins Haus lan sie mich nit,
sie tun sich mein auch schämen,
dass ich Christo nachtritt.
9) Ich bin verkauft, verraten,
von denen allermeist,
den ich meine Wohltaten
mit Lob allzeit geleist',
gelaufen Tag und Nacht,
treulich für sie gewacht,
darum thun sie mich führen
wie ein Lämmlein zur Schlacht.
10) Ihr Heil, das tät ich suchen,
sie habens nit erkannt,
tun mich darum verfluchen,
verjagen ins Elend.
Im Haus, Feld, Holz und Wald,
wo ich mich aufenthalt,
tun sie mich herführziehen,
treiben mit mir Gewalt.
11) Gleichwie man pflegt zu hetzen
ein Hirschlein in dem Wald
also ist mir das Netze
gestellt, suchen mich bald.
Wo mich dann Einer findt,
darauf schlägt, sticht und bindt;
muss alle Winkel ausschleifen
im Regen und im Wind.
12) Es tun mich auf verdammen,
die Christen wollen sein,
von wegen Gottes Namen,
schließen mich aus ihrer G’mein.
Die scheinheilige Rott'
treiben aus mir den Spott,
sprechen: ich sei des Teufels
und hab hie keinen Gott.
13) Darum, dass ich ihn hassen
ihr Sekt und Gleißnerei,
und flieh der Sünden Straßen,
geht über mich dies groß Geschrei:
Ketzer, hinweg mit dir!
Mein Sünd mir werfen für,
sprechen: Es soll der Henker
disputieren mit mir.
14) Tun mich necken und plagen,
reißen die Glieder mein.
Mein Gott, ich tus dir klagen,
du wirst sehen darein.
Wie man so härtiglich
allhie peinigt mich.
Ich tu mich dir befehlen,
verlass mich ganz auf dich!
15) Mein Gott, ich bitt von Herzen,
vergib ihn' ihre Sünd,
die mir zufügen Schmerzen;
und erhalt deine Kind',
wo sie sind überall
in diesem Jammertal,
verzagt, geplagt, gefangen,
leiden großen Trübsal.
16) Herzallerliebster Vater,
führ uns ins gelobte Land,
aus aller Pein und Marter,
schmerzen, Ketten und Band,
zu deiner heilgen Gemein,
da du wirst preist allein
durch deine lieben Kindlein,
die dir gehorsam sein.