1) Wo ist dein Glaube, schwacher Geist?
Wo ist, wo ist dein Glaube,
der Gott für jede Träne preist,
ihm dankt, gebeugt im Staube?
Wo ist der Heldensinn,
der über Gräber hin
der Sinnenwelt entrückt
ins Unsichtbare blickt?
Wo ist, mein Geist, dein Glaube?
2) Sag an, wo ist er? Sollst du nicht
dem Schöpfer selbst dein Leben,
das Allerteuerste, aus Pflicht
und Liebe wiedergeben?
Verlassen Vaterland,
zerreißen jedes Band,
wenn Gott es dir gebeut.
das Liebste ihm noch heut
mit Heldenglauben opfern?
3) Und doch beklagst du dich, wenn er
das Seine wieder fordert
und tobst, wie ein Verzweifelnder,
wenn Opferfeuer lodert?
Denkst nicht in deinem Gram:
"Der das Gegeb'ne nahm,
sorgt für mein ganzes Glück
und kann im Augenblick
mir alles wiedergeben."
4) Schau, Abraham, den Felsenmann
mit glaubensstarker Seele,
dass Gott vom Tod erwecken kann,
sich beugen dem Befehle,
der ihm erscholl vom Thron:
'Nimm Isaak, den Sohn,
den Einzigen, der dir
so teuer ist, opf're mir,
gehorche meiner Stimme!'
5) Sein hohes Beispiel stärke mich
in meines Lebens Kämpfen.
Es lehre mich gleich ritterlich
der Erde Triebe dämpfen!
Nimm, Gott, mein Opfer an,
hängt gleich mein Blut daran!
Nimm, willst du's, Kinder hin,
nimm die Geliebten hin,
nimm Gattin, Freiheit, Leben!
6) Mein Auge blickt zu dir empor
vom Opferdampf der Erde.
Ich weiß, dass, was ich hier verlor,
ich dort einst finden werde:
der Freiheit hohes Glück,
der treuen Freundschaft Blick,
der Liebe Wonn-Erguss
zum seligsten Genuss.
Herr, stärke diesen Glauben!