Wo eilt ihr hin, ihr Lebensstunden    

1) Wo eilt ihr hin, ihr Lebensstunden?
ach edle Zeit, wo fliehst du hin?
Wie mancher Tag ist schon verschwunden,
seitdem ich leb und streblich bin?
Der größte Teil von meiner Zeit
ist schon im Meer der Ewigkeit.

2) Ermuntre dich aus deinem Schlummer,
o meine Seel', ermuntre dich!
Dies sei dir jetzt ein frommer Kummer,
dass mancher tag umsonst verstrich.
Der leer gebliebne Augenblick
ist strafbar und kommt nicht zurück.

3) Die ganze Schöpfung ist geschäftig:
der Stern durchläufet seine Bahn.
Das kleinste Würmchen wirkt so kräftig,
als es nach seinem Dasein kann.
Eh' noch die Sonn' am Himmel glüht
singt schon die Lerch' ihr Freudenlied.

4) Und du, o Mensch, der Schöpfung Zierde,
am Geiste hoch, am Körper schön,
bezeigst so wenige Begierde,
den weisen Schöpfer zu erhöhn!
Und du nennst Trägheit süße Ruh'
und bringst dein Leben träumend zu!

5) Der schöne Frühling unsers Lebens
verschwindet als ein leerer Traum.
Es scheint als lebten wir vergebens.
Wir denken, und wir wissen's kaum:
kein Vogel fliegt so sorglos hin,
als unsre Jünglingsjahre flieh'n.

6) Der Tor durchlebet seine Jahre,
eh er des Lebens Wert versteht.
Er nahet früher zu der Bahre,
als er den Weg der Tugend geht.
Was ist ein menschlich Leben wert,
das ungenützt vorüberfährt?

7) Mensch, sei ein Mensch: Fang an zu leben.
Fang an, ein Glied der Welt zu sein.
Fang an, dem Guten nachzustreben.
Bring das Versäumte zweifach ein,
dass wenn man deinen Leib begräbt,
dein Werk und dein Gedächtnis lebt.

8) Sei nicht den kleinsten Zeitpunkt müßig,
da du nicht deine Pflicht erfüllst:
du hast den Tag nicht überflüssig,
den du so gern verschwenden willst.
Dies ist der wichtigste Verlust,
wenn du die Zeit bedauern musst.

9) Tu bald von jedem deiner Tage
vor dem Gewissen Rechenschaft.
Durchdenk ihn, leg ihn auf die Waage:
vollbrachtest du ihn tugendhaft?
Hast du nach Möglichkeit getan,
was Gott einst von dir fordern kann?

10) Gott! Meine Tage sind verschwunden,
sie sind, als wie ein Dunst, verraucht.
Ach, wie viel tausend edle Stunden
hab ich nicht nützlich g'nug verbraucht!
Sie alle sethn in deinem Buch,
verzeih! Sonst trifft mich noch ihr Fluch.

11) Herr meines Lebens, sei doch künftig
mein Heil und meines Lebens Kraft!
So wandle ich als Mensch vernünftig,
so leb, als Christ, ich tugendhaft.
So dank ich in der Ewigkeit
dir für den großen Schatz, die Zeit.

Auch nach folgender Melodie zu singen: Wer nur den lieben Gott lässt walten

Text:
Melodie: O, dass ich tausend Zungen hätte

Das Lied "Wo eilt ihr hin, ihr Lebensstunden" ist in 1 Liederbüchern enthalten:

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