1) Wir sollen uns erfreuen
in dieser Maienzeit,
da sich pflegt zu erneuen
der Erden grünes Kleid.
Die Sonn' im Zwilling strahlet,
die Schönheit der Natur
im goldnen Flammen malet
der freien Felder Flur.
2) Es muss dagegen weichen
des Salomonis Kleid,
der Blume kann nicht gleichen
des Königs Herrlichkeit.
Die reine Lilie stehet
von aller Sünden frei,
der König sich vergehet
mit viel Abgötterei.
3) Indem die Westen scherzen
mit diesem Blumenplan,
vergleich ich mit dem Herzen
die rote Tulipan,
so bald sie nur genossen
den höchsten Sonnenschein,
so wird sie aufgeschlossen
wie frommer Herzen Schrein.
4) Es hat der Nord beraubet
den falben Rosenstock
den nun der Mai gelaubet
mit einem Dornenrock.
Der weißlich-rot gestücket
mit mancher Rosenblüt',
der Hoffnungstrost erquicket,
wenn wir des Jammers müd'.
5) Der angenehme Maien
erwecket neue Lieb',
dass Tier und Menschen freien
aus holdem Gegentrieb.
Des Höchsten reicher Segen
hat die Geschöpf ernährt
und hat sie allerwegen
zu unserm Dienst vermehrt.
6) Was webet und was schwebet
befeucht' der Maientau,
mit neuer Kraft belebet
und schmelzet in der Au.
Also wird uns erneuen
an jenem Jüngsten Tag,
Gott, der pflegt zu erfreuen
in aller Angst und Plag.