1) Wieder ist ein Tag entschwunden
in den Schoß der Ewigkeit,
also eilen meine Stunden,
also flieht die rasche Zeit.
Jetzo kommt die dunkle Nacht,
und mein Tagwerk ist vollbracht,
und ich leg' in Ruhe nieder
die durch Arbeit müden Glieder.
2) Doch, bevor mein Haupt ich lege,
bet' ich noch, mein Gott, zu dir!
Denn du lenkest meine Wege,
und warst liebevoll mit mir,
Vater der Barmherzigkeit,
drum für alles, was du heut'
mir an Leib und Seel' erwiesen,
sei dein Name noch gepriesen.
3) Du erhieltest mir das Leben
bis auf diesen Augenblick,
du hast Nahrung mir gegeben,
und manch' unverdientes Glück,
meiner Seele frohen Mut,
meinem Leib gesundes Blut,
Segen dem Berufsgeschäfte,
und zur Führung Lust und Kräfte.
4) Du hast vor dem Schlangenmunde
der Verführung mich bewahrt,
und in der Versuchung Stunde
mir dein Wort zum Schutz gespart.
Mich in Gram mit Trost erquickt,
Hoffnung mir im Leid geschickt,
und in Zweifeln mir von oben
durch ein Licht den Geist erhoben.
5) Vater, für so viele Treue
preis ich dich von Herzensgrund.
Und so lang ich dein mich freue,
mach ich deine Taten kund.
Fromm und dankbar preis ich dich,
ach, was wär ich ohne dich!
Alles, alles, was ich habe,
Herr, mein Gott, ist deine Gabe!
6) Doch, hab ich auch stets erwogen,
was du Gutes mir getan,
ging, durch Dank zu dir gezogen,
ich auch stets auf rechter Bahn?
Hab ich dieses Tages Zeit
einzig deinem Dienst geweiht,
oder ist ein Tag verloren,
den du mir zum Heil erkoren?
7) Hab' ich heute missgehandelt,
nicht geübt, was dir gefällt,
bin ich leichten Sinns gewandelt
auf dem breiten Pfad der Welt;
so vergib, nach deiner Huld,
gnädig mir die arge Schuld,
und behüte meine Seele,
dass sie nie mehr also fehle.
8) Ach, und wenn ich deine Führung
schwach und töricht missverstand,
wenn ich nicht mit frommer Rührung
deiner Gaben Wert empfand,
wenn ich murrte gegen dich,
Vater, sieh, es reuet mich!
Lass mich wieder Gnade finden,
und vergib mir meinen Sünden.
9) Und nun, o du Gott der Gnaden,
fällt mein müdes Auge zu!
Doch du wachst, nichts kann mir schaden,
furchtlos leg' ich mich zur Ruh'.
Auf dich hoffend schlaf ich ein,
du wirst mein Beschützer sein,
und vor drohenden Gefahren
diese Nacht auch mich bewahren.
10) Oder hast du, schon zu sterben,
diese Nacht ersehen mir.
O, so nimm als Kind und Erben,
ew'ger Vater, mich zu dir!
Lindre meiner Trennung Schmerz,
stärke durch Vertraun mein Herz,
und versorge dann die Meinen,
die an meinem Sarge weinen.