1) Wertes Zion, liebste Seele,
geistliches Jerusalem!
Braut, die ich dem Herrn vermähle,
weil du ihm bist angenehm.
Lass dich heute jauchzend hören,
deinem Bräutigam zu Ehren,
schau, dein König kommt zu dir
in verborgner Himmelszier.
2) Ach, du großer Himmelskönig!
Hast du mich zur Braut erwählt?
Ist mein Stand dir nicht zu wenig,
da es mir an allem fehlt?
Ich bin nichts als Staub und Erden,
Staub muss ich einst wieder werden,
an der Seelen bin ich krank,
voller Unflat und Gestank.
3) Schönheit hat den Preis bei allen,
aber mir ist die Gestalt
durch den Sündenfall entfallen,
suchst du Hoheit und Gewalt?
Ach, so trag ich Sklaven-Ketten,
soll der Reichtum mich vertreten?
So besteht mein Schatz und Gold,
leider in dem Sündensold!
4) Doch bis du vom Himmel kommen,
du mein Seelen-Aufenthalt,
und hast willig angenommen
meine sündliche Gestalt,
hast dein Ebenbild daneben,
deine Schönheit mir gegeben:
o, du meiner Seelen Zier,
ach, wie schön bin ich in dir!
5) In der Höllen sollt ich liegen,
drein der Hochmut mich gebracht,
und du bist herab gestiegen
von der Höhe deiner Macht,
hast mein armes Fleisch erhöhet,
dass es Gott zur Rechten stehet,
o, du meine Kron' und Zier,
ach, wie hoch bin ich in dir!
6) All' mein Erb' hat' ich verloren,
all' mein Kindsrecht war dahin.
Darum bist du arm geboren,
dass du würdest wie ich bin.
Alle deine Schätz' und Gaben
soll ich, als dein Mit-Erb', haben.
O, du höchster Schatz und Zier,
ach, wie reich bin ich in dir!
7) Allen Larven dieser Erden,
aller falschen Schönheits-Pracht,
die zu Staub und Kot muss werden,
geb ich eine gute Nacht.
alle Schönheit ist zu wenig
gegen meinen Himmelskönig,
Jesu Schönheit soll allein
meiner Augen Weide sein.
8) Ob nach Ehr' und Hoheit trachten
stolze Geister dieser Welt,
und die Niedrigkeit verachten,
die mein Jesu mir vorstellt!
werd' ich doch erhöhet stehen,
wenn sie in die Tiefe gehen,
Jesu Demut soll allein
meiner Hoheit Gipfel sein.
9) Pranget nur mit euren Schätzen,
o ihr Kinder dieser Zeit!
Lasst hier zeitlich euch ergötzen
eure schnöde Raubes-Beut':
wenn dies nichtig ist vergangen,
werden meine Schätz' erst prangen,
Jesu Armut soll allein
mein verborgner Reichtum sein!
10) Komm, o werter Seelenkönig,
kehr in Gnaden ein bei mir!
Findest du in mir schon wenig,
hab ich alles doch in dir:
weil die Liebe dich bewogen,
und vom Himmel hergezogen,
so nimm alles, was ich bin,
Sinn, Gemüt und Kräfte hin!
11) Herrsche du in meinem Herzen,
und lass niemand sonst hinein,
Herrsche fort in Freud' und Schmerzen,
bleibe du der Herr allein,
und lass mich nicht Meister bleiben,
wenn ich dich such auszutreiben.
Stärke nur den Geist in mir,
der es immer hält mit dir!
12) Herrsch in allen meinen Gliedern,
mach dir alles untertan.
Was zu hoch ist, hilf erniedern,
und bereits dir die Bahn.
Räum hinweg, was dir entgegen,
was sich in den Weg will legen,
die Begierden lass in mir
nimmer widerstreben dir.
13) Du, mein König, kannst mich schützen
wider Teufel, Höll' und Tod.
Steh mir bei in Sturm und Blitzen,
sei mein Schatz in aller Not.
Steh mir immer an der Seiten,
bis ich nach dem Kampf und Streiten
werd' als deine Braut gekrönt
und mit deinem Reich belehnt.