1) Wer stets mit reinem Wohlgefallen
der Tugend hohe Schönheit sieht,
und frei von Stolz und Eigennutze
für alles wahre Gute glüht,
wer jedem Laster sich entreißt,
der sammelt Schätze für den Geist.
2) Er trachtet nach dem höchsten Gute,
nach Weisheit und Gerechtigkeit,
und Jesus spricht; Er danach trachtet,
der findet auch Zufriedenheit.
Ihm lohnet innre Seelenruh',
und alles andre fällt ihm zu.
3) Doch hoffe nicht, o Christ, dass Tugend
dir immer Erdenglück verschafft!
Wie mancher fand seit frühen Jahren
an ihrer Seite Licht und Kraft,
wie mancher sorgte für sein Herz
und trug dabei des Lebens Schmerz!
4) Nicht eitles Glück, nicht Macht und Schimmer,
nur das, was innern Wert verleiht,
das täuschet nie, das bleibt dir ewig;
ihm sei dein ganzes Herz geweiht.
Wer nur nach äußerm Glanze strebt,
der täuscht sich selbst, so lang er lebt.
5) Nie mache dir zum höchsten Zwecke
den Vorteil, den die Tugend bringt!
Sei fromm und gut, wenn auch nicht immer
die fromme Absicht dir gelingt!
Frag nicht: was bringt die Tat mir ein?
Sie selbst, o Mensch, muss Lohn dir sein.
6) Doch übst du redlich deine Pflichten,
so sei getrost, und zage nie!
Dein Gott war Zeuge deiner Tugend,
und er, dein Gott, belohnet sie.
Ein Herz, von Sünd' und Lastern rein,
kann nicht auf immer elend sein.
7) Ja, leb und stirb für alles Gute,
es folgt gewiss Vergeltung einst,
und du gewinnest, noch im Tode,
indem du zu verlieren scheinst.
Auch Jesus gab sein Leben hin,
und Herrlichkeit war sein Gewinn.
8) Im Himmel dort ist nicht nur Tugend,
dort ist auch hohe Seligkeit.
Hier sind oft beide nicht vereinet;
nur droben ist Vollkommenheit.
Da schwingt der Fromme sich empor,
der hier im Dunkel sich verlor.
9) O lehre, Gott gerecht, mich handeln,
dem Muster treu, das Jesus gab!
Lass nichts dabei den Mut mir rauben,
und führt es auch ins öde Grab!
Mein höchster Wahlspruch sei allein:
wer christlich denkt, wird selig sein.