1) Wer ist der Knabe wunderhold
in Salems Tempelhallen?
Von seinem Haupt, wie fließend' Gold,
die zarten Locken wallen.
Im ernsten Auge mildes Licht,
und Engelruh' im Angesicht.
2) Von wannen stammt, wo kommt er her?
Seit früher Morgenröte
bis an den Abend weilet er
an Zions heilger Stätte,
getrost, als wär' er Davids Sohn,
und Zions Heiligtum sein Thron.
3) Was will der Knabe wunderschön
im ernsten Männerkreise?
Er hört, er redet, schweigend sehn
auf ihn Israels Weise.
Am Leib ein Kind, an Geist ein Mann -
sie schauen ihn bewundernd an.
4) Wie strahlen wundersam und hell
die Augen ihm, die frommen,
als wär er von des Lichtes Quell,
dem Ewigen gekommen.
Die Greise sehn sein Angesicht -
'Ein Kind der Erde ist es nicht!'
5) Die Mutter und der Vater nahn
mit angsterfülltem Herzen.
'Ach, warum hast du das getan?
Wir suchten dich mit Schmerzen!' -
'Ihr sucht? - Muss ich doch, wie ihr wisst,
in dem sein, was des Vaters ist!'
6) Er spricht es, alle schaun auf ihn
mit ahnungsvollem Schweigen.
"Sehn wir Isais Sprößling blühn?
Ihn, dem die Seher zeugen?" -
ihr Herz entbrennt, der Knabe steht,
ein König, Priester und Prophet.