1) Wenn in feierliche Stille
rings umher die Schöpfung sinkt,
und der Nächte schwarze Hülle
Gottes helle Welt verschlingt,
steigen höher die Gedanken
bei der Sinne engern Schranken,
deutlicher empfinden wir:
wir sind mehr, als Bürger hier.
2) Nie sah ich die Sternenheere,
dass mein Herz nicht höher schlug
und Gefühl der Erdenleere
mich dem Himmel näher trug.
Leise Ahnung sagte immer,
sah ich ihren mildern Schimmer:
hoch geht ihrer Kreise Bahn,
auch mein Weg geht himmel-an.
3) Wohl dem Manne, der mit Freuden
so den Blick gen Himmel schlägt,
ruhig bei der Erde Leiden,
reines Herz im Busen trägt!
Nichts kann reine Menschen schrecken,
mag doch diese Nacht sie decken,
in dem Herzen wohnt ihr Licht,
und die Nacht verlöscht es nicht.
4) Tag! schon wieder mir verstoßen!
Meiner Lebensstunden Raum
wird wie Wasser hingegossen,
jetzt nocht fließt es, aber kaum
dass der Blick sich aufwärts wendet,
ist der schmale Krug geendet
und der letzte Tropfen fließt,
wo sich Ewigkeit ergießt.
5) O, du Zähler meiner Tage!
Lehre mich den Wert der Zeit,
dass mein Führer einst dir sage:
ruf ihn, Herr, er ist bereit!
Sagte dies heut' mein Gewissen,
wenn sich nun die Augen schließen,
lieber Vater, dann schließ du
heute sie auf immer zu!
6) Aber Gnade, Vater, Gnade!
Aufschub noch, und Buße viel,
wenn, verirrt vom rechten Pfade
ich auf meinem Wege fiel!
Strecke die getreuen Hände
immer wieder aus, und sende
mir durch deines Sohnes Blut
reue, Besserung und Mut.
7) Fall denn auf mich, süßer Schlummer,
stärke die verlorne Kraft!
Treibe weg der Erde Kummer,
dass der Geist sich Bilder schafft,
dass sich Kräfte in ihm regen,
die nicht Sinne geben mögen,
und er dem schon näher rückt,
der sein Bild ihm eingedrückt.
8) Ruh'ger einst schlaf ich den tiefen
süßern Schlaf, wenn mein Gebein
wird der Erde wieder liefern,
was sie gab. - Es war nicht mein.
O, dann brechen alle Bande!
Und der Weg zum Vaterlande
ist nicht Traum mehr. Nun ist da,
was hier nur der Glaube sah.