Wenn ich die heilgen zehn Gebot    

1) Wenn ich die heilgen zehn Gebot
betrachte, die du selbst, o Gott,
gegeben hast, erschrecke ich,
dass ich so sehr erzürnet dich.

2) Ich hab die Kreatur weit mehr
geliebt als dich und deine Ehr',
dich nicht gefürcht', dir nicht vertraut,
auf mich und Menschen Hilf' gebaut.

3) Ich habe deinen Nam' und Bund
vergeblich oft geführt im Mund,
mit Herzensandacht nicht betracht',
Herr, deine Weisheit, Güt' und Macht.

4) Ich hab zubracht den Sabbattag
in Wollust oder Müh' und Plag',
dein Wort versäumt und nicht gepreist,
was du für Wohltat mir beweist.

5) Ich habe nicht geehrt allzeit
die Eltern, Lehrer, Obrigkeit,
ihr' Treu' und Sorge nicht erkannt,
auch nicht gedient mit will'ger Hand.

6) Ich hab den Nächsten nicht geliebt,
vielmehr geneidet und betrübt,
zank, Hader, Streit gefangen an,
durch Zorn und Rachgier Sünd' getan.

7) Ich hab unreine Lust gesucht,
nicht Heiligkeit geliebt und Zucht,
zum öftern auch in Trank und Speis
hintan gesetzet Maß und Weis'.

8) Ich hab mein Amt nicht so verricht',
wie es erfordert meine Pflicht,
mit unrecht' Gut an mich gebracht,
den Armen nicht mit Hilf' bedacht.

9) Ich hab den Lästrer gern gehört,
nicht all's zum Besten fort gekehrt,
mich nicht beflissen jederzeit
der Wahrheit und Aufrichtigkeit.

10) Ich hab mit rechten Schein und List
begehrt, was meines Nächsten ist,
was sich an Gütern bei ihm findt,
sein Amt, sein Haus, Land, Vieh, Gesind'.

11) Ach starker und eifriger Gott,
wer dich veracht' und dein Gebot,
dess' Lohn ist Zorn und Ungenad
bis in den dritt'- und vierten Grad.

12) Der aber hat in tausend' Glied
hier zu erwarten Gnad' und Fried',
der dich, Herr, liebt und dein Gesetz
hält über alle Lust und Schätz'.

13) Solch' Vorsatz leider ist nicht hier,
es wohnet gar nichts Gut's in mir.
Ich habe nicht danach gefragt,
was du gedroht und zugesagt.

14) Mein Dichten ist von Jugend auf
sehr bös' im ganzen Lebenslauf.
Denn ich ganz von der Scheitel bin
verderbt bis auf die Fußsohl' hin.

15) Wie nun ein Born sein Wasser quillt,
so hat mein Herz auch angefüllt
mein Tun und Lassen allzumal
mit Sünd' und Lastern ohne Zahl.

16) Wer merket, ach, wie oft er fehlt,
bis sein Gewissen ihn drauf quält?
Sollt ich antworten vor Gericht,
ich könnt auf tausend eines nicht.

17) Ach Vater, sieh mein Elend an,
verzeihe mir, was ich getan.
Nimm weg durch deine Güt' und Huld
die schwere Straf', die ich verschuldt.

18) Gedenk, dass dein Sohn Jesus Christ
ein Fluch am Holze worden ist
für mich und meine Missetat,
die Er auf sich genommen hat.

19) Der neue Bund ist da gestift',
kein Fluch mich in demselben trifft.
Er bringt Gnad', Segen und dabei
dass ich vom Sündendienst bin frei.

20) Weil ich denn bin in Christo nun
geschaffen, gute Werk' zu tun,
so gib mir deines Geistes Gab',
dass ich vom Bösen lasse ab,

21) Dass ich nach deinem Willen leb',
der Sünden Lust stets widerstreb'
und danach ringe fort und fort,
dass ich eingeh' zur engen Pfort'.

22) Gott Vater, hilf von deinem Thron,
hilf, o Herr Jesu, Gottes Sohn,
hilf, Heil'ger Geist und stärke mich,
dass ich dir diene williglich.

Text:
Melodie: Dies sind die heilgen zehn Gebot