Warum sollt ich mich denn grämen    

1) Warum sollt ich mich denn grämen?
Hab ich doch
Christum noch,
wer will mir den nehmen?
Wer will mir den Himmel rauben,
den mir schon
Gottes Sohn
beigelegt im Glauben?

2) Nackend lag ich auf dem Boden,
da ich kam,
da ich nahm
meinen ersten Odem.
Nackend werd ich auch hinziehen,
wenn ich werd
von der Erd
als ein Schatten fliehen.

3) Gut und Blut, Leib, Seel und Leben
ist nicht mein;
Gott allein
ist es, ders gegeben.
Will ers wieder zu sich kehren,
nehm ers hin,
ich will ihn
dennoch fröhlich ehren.

4) Schickt er mir ein Kreuz zu tragen,
dringt herein
Angst und Pein,
sollt ich drum verzagen?
Der es schickt, der wird es wenden;
er weiß wohl,
wie er soll
all mein Unglück enden.

5) Gott hat mich bei guten Tagen
oft ergötzt,
sollt ich jetzt
nicht auch etwas tragen?
Fromm ist Gott und schärft mit Maßen
sein Gericht,
kann mich nicht
ganz und gar verlassen.

6) Satan, Welt und ihre Rotten
können mir
nichts mehr hier
tun, als meiner spotten.
Lass sie spotten, lass sie lachen!
Gott, mein Heil,
wird in Eil
sie zuschanden machen.

7) Unverzagt und ohne Grauen
soll ein Christ,
wo er ist,
stets sich lassen schauen.
Wollt ihn auch der Tod aufreiben,
soll der Mut
dennoch gut
und fein stille bleiben.

8) Kann uns doch kein Tod nicht töten,
sondern reißt
unsern Geist
aus viel tausend Nöten,
schließt das Tor der bittern Leiden
und macht Bahn,
da man kann
gehn zu Himmelsfreuden.

9) Allda will in süßen Schätzen
ich mein Herz
auf den Schmerz
ewiglich ergötzen.
Hier ist kein recht Gut zu finden;
was die Welt
in sich hält,
muss im Nu verschwinden.

10) Was sind dieses Lebens Güter?
Eine Hand
voller Sand,
Kummer der Gemüter.
Dort, dort sind die edlen Gaben,
da mein Hirt
Christus wird
mich ohn Ende laben.

11) Herr, mein Hirt, Brunn aller Freuden,
du bist mein,
ich bin dein,
niemand kann uns scheiden.
Ich bin dein, weil du dein Leben
und dein Blut
mir zugut
in den Tod gegeben.

12) Du bist mein, weil ich dich fasse
und dich nicht,
o mein Licht,
aus den Augen lasse.
Lass mich, lass mich hingelangen,
da du mich
und ich dich
ewig werd umfangen.

Die Gewissheit, durch Christus bei Gott über den Tod hinaus angenommen zu sein, gibt die Kraft, in den Nöten des irdischen Lebens zu bestehen. Paul Gerhardt drückt dies hier in einer kunstvollen Strophenform aus, die mit ihren kurzen Zeilen die Aussagen energisch rafft und verdichtet. Dass in beiden Strophenhälften diese Kurzzeilen auf dieselben Töne gesungen werden, verleiht ihnen besonderen Nachdruck. (Andreas Marti)

Text: (1653)
Melodie: (1666)
CCLI-Nr.: 4351719
Info: https://en.wikipedia.org/wiki/Warum_sollt_ich_mich_denn_grämen

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