Verschwunden ist die Sonne    

1) Verschwunden ist die Sonne,
des Tages Weh und Wonne
verklingt allmählich auch,
und Wald und Flur und Auen
umspielt mit lindem Tauen
der lieben, stille Abendhauch.

2) Was alles heut geschehen,
die Sonne hat's gesehen,
der Wind wird's nicht verwehn:
des Dunkels ernste Hülle
nimmt's in die ew'ge Stille,
wo Gottes Sterne feste stehn.

3) Ihr lieben Menschen alle,
die ihr mit lautem Schalle
des Tages euch betäubt,
ach, wollt zu Herzen nehmen,
ob Freuen oder Grämen
die Nacht ins Buch des Richters schreibt.

4) Des längsten Lebens Helle
räumt endlich doch die Stelle
der langen Todesnacht:
wohl allen, die im Sorgen
für den verheißnen Morgen
den Tag bis Abend zugebracht.

5) Der Herr dort oben schenket
uns so viel Guts und tränket
mit Lichte täglich uns:
im stillen Abendwehen
kommt er dann täglich sehen
nach Recht und Unrecht unsers Tuns.

6) Und weil wir Menschenkinder
doch wahrlich arme Sünder
von seinen Augen sind,
will er uns Gnad' und Leben
durch Jesum Christum geben:
ach, Menschenkinder, nehmt's geschwind!

7) Nun, Herr ich bin dein eigen:
lass alles in mir schweigen,
sprich du noch laut zu mir!
Vergib, was ich gefehlet,
nimm von mir, was noch quälet,
allzeit mich zieh hinauf zu dir!

8) O, dass in Abendruhe
ich alles, was ich tue,
für jenen Morgen tät,
der einst für deine Frommen
mit ew'ger Lust wird kommen,
wenn diese Wechselwelt vergeht!

Text:
Melodie: O Welt, ich muss dich lassen