Unsre müden Augenlider    

1) Unsre müden Augenlider
schließen sich jetzt schläfrig zu
und des Leibes matte Glieder
grüßen schon die Abendruh.
Denn die dunkle finstre Nacht
hat des hellen Tages Pracht
in der tiefen See verdecket
und die Sterne aufgestecket.

2) Ach, bedenk, eh du gehst schlafen,
du, o meines Lebens Gast,
ob du den, der dich erschaffen,
heute nicht erzürnet hast.
Tu, ach tu bei Zeiten Buß,
geh, und falle ihm zu Fuß,
und bitt ihn, dass er aus Gnaden
dich der Strafe woll entladen.

3) Sprich: Herr, dir ist unverhohlen,
dass ich diesen Tag vollbracht
andres als du mir befohlen.
Ja, ich habe nicht betracht
meines Amtes Ziel und Zweck,
habe gleichfalls deinen Weg
schändlich, o mein Gott, verlassen,
bin gefolgt der Wollust-Straßen.

4) Ach Herr, lass mich Gnad' erlangen,
gib mir nicht verdienten Lohn.
Lass mich deine Huld umfangen,
sieh auf deinen lieben Sohn,
der für mich genug getan.
Vater, nimm den Bürgen an!
Dieser hat für mich erduldet,
was mein Unart hat verschuldet.

5) Öffne deiner Güte Fenster,
sende deine Wach' herab,
dass die schwarzen Nachtgespenster,
dass des Todes finstres Grab,
dass das Übel, das bei Nacht
unsern Leib zu fällen tracht,
mich nicht mit dem Netz umdecke,
noch ein böser Traum erschrecke.

6) Lass mich, Herr, von dir nicht wanken,
in dir schlaf ich sanft und wohl.
Gib mir heilige Gedanken,
und bin ich gleich Schlafes voll,
so lass doch den Geist in mir,
zu dir wachen für und für,
bis die Morgenröt angehet
und man von dem Bett aufstehet.

7) Vater, droben in der Höhe!
Dessen Nam' uns teu'r und wert,
dein Reich komm', dein Will' geschehe,
unser Brot werd' ich beschert.
Und vergib uns unsre Schuld,
schenk uns deine Gnad' und Huld,
lass uns nicht Versuchung töten.
Hilf uns, Herr, aus allen Nöten!

Text:
Melodie: Freu dich sehr, o meine Seele