So ruht mein Geist in Christi Gnadenfülle    

1) So ruht mein Geist in Christi Gnadenfülle,
nachdem sein Geist in mir gesiegt.
Mein Herz zerfließt in sanfter Friedensstille,
da Höll' und Tod zu'n Füßen liegt.
Immanuels Gerechtigkeit
umgibt mich wie ein göttlich' Kleid.
So stehe ich vor Gottes Throne
und schau bereits die Lebens-Krone.

2) O Unverstand, der mich so lang betrogen,
und in der Lüste Garn verstrickt,
dass ich nicht schon vorlängst zu Gott geflogen,
und ihn in seinem Licht erblickt.
Ich ging im Labyrinth verirrt,
da sucht ich Frucht, doch meist mit Grämen,
und jetzt muss ich mich solcher schämen.

3) Drum hochgelobt seist du, mein Hirt, gepriesen,
dass du dein Schäflein oft gesucht,
mir Erdenwurm so große Treu' erwiesen
und nicht mein Wesen gar verflucht.
Dein wallend' Herze ging mir nach
und fand mich da am Höllenbach:
da nahmst du mich auf deine Armen
und trugst mich fort mit Liebs-Erbarmen.

4) Zwar Adams Sinn, der stark in mir sich regte,
tat mächtig großen Widerstand.
Dabei denn oft der Schmerz mein Herz bewegte,
wenn dein Geist nicht gleich überwand.
Ich fühlte des Unglaubens Schuld
und kämpfte hart mit Ungeduld,
bis mir dein allmachtsvoll' Versühnen
im Glaubenslicht mit Trost erschienen.

5) Ach, wie empfingst du da mit süßer Liebe,
mein Vater, dein verlaufnes Kind,
dass auch mein Geist von deinem starken Triebe
mit froher Inbrunst war entzündt.
Ich schmecke nichts als Himmelslust
an deiner wollustsvollen Brust,
die du in Strömen ließt ausfließen
in mich, und Seel' und Leib durchgießen.

6) Drum schau ich jetzt nur Christi Tod und Wunden
in unaussprechlich großer Kraft,
und wie mein Freund mich aller Sünd' entbunden
und dem Gewissen Ruh' geschafft.
Der Schulden Last beschwert mich nicht,
mich drückt nicht Gottes Zorngericht.
Tod, Teufel, Hölle kann ich spotten,
und wer will wider mich sich rotten?

7) Setz ich nun so mein hoffnungsvoll' Vertrauen
auf Christi angebotne Gnad',
so darf ich frei des Vaters Antlitz schauen
und von ihm bitten Rat und Tat.
Er gibet mir des Geistes Pfand
und hält mich bei der rechten Hand.
Da lässt er freundlich mit sich scherzen,
und küsst mich sanft an seinem Herzen.

8) Oft führt er mich, mein Licht, in seinem Lichte
zur neugebauten Zions-Stadt,
dass ich da schau die ganz verborgnen Früchte,
die seine Güt' bereitet hat
dem Volk, das ihn von Herzen liebt
und sich nur reinem Trieb ergibt,
dass er sie ihm nach diesem Leben
in seinem Himmel möge geben.

9) O große Freud'! Dann kehrt der Sünden Kräfte,
mein Bräut'gam, von mir treulich ab
und senkt mit Kraft des Fleisches Mordgeschäfte,
nebst sich, in seinen Tod und Grab.
Da bin ich als ein himmlisch' Bild
mit Licht und Gotteskraft erfüllt,
in seiner Klarheit wieder lebe
und seiner Klarheit Lob erhebe.

10) Die Trübsal selbst, die mich sonst schmerzlich drücken,
wird hier in meinem Ruhm verkehrt,
weil denn erst recht mein Liebster mich erquicken,
wenn Kreuz, Geduld und Hoffnung lehrt.
Da wird oft wenig Traurigkeit,
ein Same großer Himmelsfreud.
Ja, duld ich nur hier treu auf Erden,
soll mir des Himmels Krone werden.

11) Drum auch der Tod, der Welt ihr größtes Leiden,
ist mir ein Durchgang zum Gewinn.
Ich habe Lust, noch heute abzuscheiden,
und Gott zu sehn in reinem Sinn.
Hier fängt das sel'ge Leben an,
das jetzt kein Mensch begreifen kann.
Hier sind die, die Gott ewig loben.
Ach, wär ich auch nur jetzt schon droben.

12) Doch ruh, mein Geist, bis Christi Gnadenwille
selbst deinen Willen weislich fügt.
Verbirge dich in sanfte Seelenstille,
so wird dein Seelenschmerz besiegt.
Nimm, was dein Herz im Glauben spürt,
bis dich dein Freund zum Schauen führt.
Und sollst du hier noch länger wallen,
so lebe ihm nur zu Gefallen.

Text:
Melodie: Zerfließ mein Geist, in Jesu Blut und Wunden