Sie sind vorbei, die reichen, frohen Zeiten    

1) Sie sind vorbei, die reichen, frohen Zeiten,
da süße Früchte glänzten an den Bäumen,
und nimmer malt der Sonne spätes Scheiden
sich golden ab in grünen Waldessäumen.
Ach, all die bunten Jahresherrlichkeiten
umgaukeln fern uns nur mehr wie in Träumen.
Es ruht der Freuden Spenderin und schweiget,
zum Schlummer hat sie müde sich geneiget.

2) Doch wie unsichtbar in der Berge Tiefen
die Tropfen sammeln sich zur frischen Quelle.
Wie aus der Nacht, indes die Menschen schliefen,
der Tag hervorbricht in siegreicher Helle,
als wären's Zauberkräfte, welche riefen
aus nichts die Quelle wie der Tag zur Stelle.
So im Verborgnen will sich vorbereiten
das Heil der Welt, der Segen aller Zeiten.

3) Jawohl! Es kommt der Erde größter Segen,
das Heil, es naht sich mit geheimen Tritten.
Gleich wie aus Wolkendrohen bald der Regen
kommt über dürres Erdreich hingeschritten,
und, die sie in die dunkle Kammer legen,
bald gehn hervor aus ihrer Gräber Mitten.
So ist's bestimmt den ärmsten, düstern Tagen,
verschlossen in sich Heiles Füll' zu tragen.

4) Arm ist die Erde! So mag sie empfangen,
den, der sie reich macht vor viel tausend Welten.
Mag sie als Tropfen auch am Eimer hangen,
der Tropfen soll bald mehr als Meere gelten,
und Herrlicher wird bald die Arme prangen,
als je auszog der stattlichste der Helden:
denn der errettet, was da war verloren,
der hat die Menschheit sich zur Braut erkoren.

5) Drum Seele, rüste dich, ihn zu begrüßen,
mach hoch die Tore, öffne weit die Pforten!
Lausch' hoher Predigt, jener wundersüßen,
die jetzt sich vorbereitet aller Orten:
denn mit der Engel Chöre frohen Grüßen
kommt Botschaft jetzt zu dir mit diesen Worten:
"Mensch, geh hervor: Dein König kommt gegangen,
und von dir selber will Er sein empfangen."

Text:
Melodie: Unbekannt