1) Schon wieder bringt die stille Nacht,
so manchem Müden Ruh',
nur mein umwölktes Auge wacht,
mir schließt sie es nicht zu.
2) Mit heißen Tränen blicke ich
zum Himmel früh und spät,
und, ach, mein Gott verbirget sich
und hört nicht mein Gebet.
3) Wie lange, Herr, verziehst du noch,
eh' Rettung mir erscheint?
Wann, unter meiner Bürde Joch,
wann hab ich ausgeweint?
4) Mit jedem Abend sehnet sich
dem Morgen zu mein Herz,
und kommt er, ach, dann foltert mich,
mich Armen, neuer Schmerz.
5) Doch auf, mein Geist, verzage nicht!
Verlass dich auf den Herrn.
Er, aller Frommen Zuversicht,
ist auch von mir nicht fern!
6) Wenn ihn mein Herz am fernsten meint,
ist er mir dennoch nah,
ist oft, wenn noch mein Auge weint,
mit seiner Hilfe da.
7) 'Eh ich noch unbereitet war,
sahn deine Augen mich,
und jeder meiner Tage war
ins Buch gemerkt durch dich.'
8) O, habe Dank, du lieber Gott
für dieses Trostes Kraft!
Er hat in meiner großen Not
mir Linderung verschafft.
9) Drum geh ich mutig, ohne Graun
dem dunklen Ziele zu:
du treuer Gott, bist mein Vertraun,
mein Schutz und Schirm bist du.
10) Und kommt in dieser Nacht mein Tod,
so ist er mir Gewinn.
Erlöst bin ich aus aller Not,
in Frieden fahr ich hin.