1) Nun so ist die Zeit erfüllet,
die Verheißung, deren Grund
aus dem Paradies herquillet,
stellt sich ein zu dieser Stund,
wird in Christo Ja und Amen,
dem empfangnen Weibessamen.
2) Einer von den starken Helden
wird gesandt vom höchsten Thron,
einer Jungfrau anzumelden,
dass sie werde Gottes Sohn,
den Messias, nach Verlangen
in dem keuschen Leib empfangen.
3) Das Geschöpf aus Staub und Erden,
- Hört doch dieses Wunder an! -
sollt des Schöpfers Mutter werden,
und das Weib umgibt den Mann:
den der Himmel nicht kann fassen,
will sich hier umschließen lassen.
4) Aber, wie kann die gebären,
die von keinem Manne weiß!
Gabriel kann dieses lehren:
selbst des Höchsten Kraft und Geist
wird die Jungfrau überschatten,
und das hohe Werk erstatten.
5) Wird das Blümlein denn versehret,
wenn die Biene dessen Saft
in den Honigseim verkehret?
Bleibt ihm nicht Geruch und Kraft?
So ist auch durch dies Empfangen
nichts der Jungfrauschaft entgangen.
6) Leuchten nicht die Sonnenstrahlen
schön durch ein kristallnes Glas?
Dies Geheimnis vorzumalen
ein Entwurf und Bild ist das:
wie das Glas bleibt unversehret,
bleibt die Keuschheit auch bewehret.
7) Aarons Rute wird ausschlagen
mit verwunderlicher Zier,
süße Mandelfrüchte tragen
in der reinen Hütten hier.
Gott- und Menschheit kann man sehen
in der Wolkensäule stehen.
8) Seht den Busch mit Feuer brennen,
der doch nicht verbrennen kann.
Dies Geheimnis zu erkennen,
wagt sich Moses nah heran:
aber muss die Schuh' ausziehen,
die Vernunft hier nicht bemühen.
9) Freut ihr Engel euch von Herzen,
das Geheimnis stellt sich ein,
dass ihr werdet sehen scherzen,
Gott in unserm Fleisch und Bein,
als ein Kind von holden Wangen,
wie ihr truget längst Verlangen.
10) Jauchzet, o ihr Menschenkinder!
Weil euch Gott so hoch erhöht,
selbst die Engel sind jetzt minder
als ein Mensch, wie schlecht er steht.
Welchen Gott so hoch will schätzen,
ihn zu seiner Rechten setzen.
11) Esther ist nunmehr erhaben
zu des Königs Seiten hin,
ihre Brüste zu erlaben,
wenn sich Hamanns stolzer Sinn
sollt erkühnen ganz verwegen,
List und Frevel anzulegen.
12) Jesu, wir sind Brüder worden,
wir sind nun ein Fleisch und Bein,
weil du in den Menschenorden
bist nunmehr getreten ein.
Ach, so wird kein Feind noch Leiden
ewig mehr von dir mich scheiden.