Mein Jesus sieht mich an in Gnaden    

1) Mein Jesus sieht mich an in Gnaden,
ob ichs gleich nicht bei ihm verdient.
Die Sünden sollen mir nichts schaden,
weil er den Schaden ausgesühnt.
Ob sie mich noch so sehr betrüben,
ob sie gleich Schmerz und Traurigkeit
und Tränen wirken noch zur Zeit.
So hält mich doch sein heimlich' Lieben.

2) Er kann nicht im Zorn verstellen,
sein Josephs-Herze bricht ihm bald.
Wenn er der Brüder ängstlich' Quälen
erblickt bei tränender Gestalt,
wenn sie zum Gnadenstuhl nur kommen,
als Zöllner noch ferne gehn,
und tief in staub gebeuget gehn:
so ist ihm schon sein Herz genommen.

3) Er wirket selber meiner Reue
und kränkt mein Herz darum mit Leid,
damit er mich hernach erfreue
mit ewiger Gerechtigkeit,
je schmerzlicher ich erst geweinet,
je mehr mein Herz mit banger Luft:
Gott sei mir Sünder gnädig! ruft.
Je mehr mir seine Sonne scheinet.

4) O, welch ein wunderbares Lieben!
Die Finsternis führt mich zum Licht?
Die Sünden, wenn sie mich betrüben,
entdecken Gottes Angesicht.
Der Tod, den ich vor Augen sehe,
mach mich zum Leben recht geschickt.
Die Not, die mich erst niederdrückt,
macht, dass ich einst zum Himmel gehe.

5) Wo findt man wohl dergleichen Gnaden?
O Seel'! Wo ist ein solcher Gott?
Wer heilet so den größten Schaden?
Wer macht den Feind also zu Spott?
Nur Jesus ists! Das Heil der Sünder!
Der einzige Immanuel!
Der Zöllner Freund und Spielgesell',
das Leben aller Adamskinder.

6) Umfasse doch, o Mensch, dies Leben,
eh' du im ewgen Tod versinkst,
erkenn dein schändlich Widerstreben,
wenn du auf beiden Seiten hinkst.
Komm mit des Zöllners Buß' und Reue,
mit Petri heißem Tränenfluss,
mit jener Sündrin Liebeskuss,
die enge Pfort' nicht länger scheue.

7) So, so will Jesus dich annehmen,
so schenkt er dir Gerechtigkeit.
Willst du dich solches Weges schämen,
auf welchem Jesus Gnad' anbeut?
O nein, ihr Sünder, eilt in Haufen,
eh' er die Gnadentür zuschleußt
und euch hernach zurücke weißt.
Jetzt könnt ihr noch der Höll' entlaufen

Text:
Melodie: Mein Jesu, dem die Seraphinen im Glanz