1) Mein Gott, wie bin ich doch von dir
so schändlich abgeirret.
Ich finde eine Art in mir
die all mein Tun verwirret,
die gänzlich dir zuwider ist,
die ihrer Schuldigkeit vergisst,
die deinen Rat und Willen
durchaus nicht will erfüllen.
2) Ich sollte Dir, mein Eigentum,
mich üben zu gefallen.
Die Eigenliebe kehrt es um,
und liebt das Fleisch vor allen.
Sinn und Vernunft ist ganz verkehrt,
verändert, was dein Wort mich lehrt.
Mein Wille will mich führen,
und alles Tun regieren.
3) Das Herz ist ganz zum Guten matt,
und will nicht dem absagen,
was es noch Fleischlich's an sich hat,
dein Joch nicht willig tragen.
Das Kreuz scheint ihm die größte Pein,
dein Weg ein Dornenweg zu sein.
Der Welt verkehrte Stege
sind ihm des Himmels Wege.
4) Das ist nicht meines Jesu Art:
er war der Allergrößte,
jedoch Er der Geringste ward,
damit Er mich erlöste.
Er ist ja Gott, und Gottes Sohn,
und doch verließ Er seinen Thron,
er trug des Kreuzes Bürde,
dass ich nur selig würde.
5) Nun muss ich auch zur Dankbarkeit
mein eigen Leben hassen.
Ach ja, mein Gott, ich bin bereit,
das Meine zu verlassen.
Was ich um Jesu willen hier
an Hab' und Gütern gleich verlier,
das wird in jenem Leben
mir reichlich dargegeben.
6) Die Eigenliebe soll nicht mehr
so schändlich mich belügen.
Der Eigenwill' soll, wie bisher
geschehn, mich nicht betrügen.
Des Eigensinnes falscher Schein
soll hinfort nicht mein Lehrer sein,
kein Selbstruhm, noch Selbst-Ehren,
soll meinen Sinn betören.
7) Den höchsten Vater will ich nun
aus ganzem Herzen lieben.
Der Wille soll in Ihm beruhn,
der Sinn in Ihm sich üben.
Des Herren Jesu Kreuz und Pein
soll mir die größte Ehre sein.
Sein Wandel mein Exempel,
mein Herz des Geistes Tempel.
8) Kein Hohes, auch kein Niedriges
soll mich nun von Ihm trennen.
Kein Kreuz, kein Tod, kein Widriges
und was man nur kann nennen.
Kein Feind- noch Freundschaft dieser Welt,
und was dem bösen Fleisch gefällt,
kein Unglück, Schmach und Leiden
soll mich nun von Ihm scheiden.
9) Ich frage nach dem Himmel nicht,
wenn ich kann Jesum haben,
wenn Seel' und Leib und Kraft gebricht,
kann mich doch Jesus laben.
Er ist mein Trost im Herzeleid,
mein Lustspiel in der Traurigkeit,
beim Vater mein Fürsprecher,
im Hass der Welt mein Rächer.
10) Wenn ich gleich sterbe, sterb ich doch
sanft, selig, ruhig, stille.
Leb ich, so trag ich auch mein Joch,
so lang, als es dein Wille.
Drum soll auf meinen Leichen-Stein
auch diese Schrift zu lesen sein:
sich selbst wer hier sein Fleisch gehasset,
die Welt der wird von Gott umfasset.