1) Mein Gott, die Sonne weicht von hinnen,
dagegen bricht die Nacht herein.
Doch labet unser Herz und Sinnen
nach deines Lichtes Gnadenschein,
der mitten in den Finternissen
die Frommen pfleget zu begrüßen.
2) Wiewohl der Dunst verdammter Sünden,
der Nebel meiner Missetat,
der aus des Herzens bösen Gründen
sich über mich gezogen hat,
verdienet nicht, dass deine Güte,
durch ihr Erscheinen, mich behüte.
3) Allein da, o du Gnadensonne,
vertilgest aus Barmherzigkeit,
durch deinen Glanz, zu meiner Wonne,
der Sünden trübe Dunkelheit,
und suchest mit viel Gnadenblicken
mein Herz im Finstern zu erquicken.
4) Es bricht, am Abend wie am Morgen,
dein Licht mit neuer Pracht herein,
zur Tilgung der Gewissenssorgen,
die in dem blöden Herzen sein,
und tröstet meine arme Seele
auch mitten in der Todeshöhle.
5) Ach Vater! Lass doch deine Gnade
noch fernerweitig bei mir stehn,
und deiner Güte Strahl gerade
in mein verfinstert' Herze gehn:
auf dass die Wolken schnöder Sünden
vor diesem schönen Licht verschwinden.
6) Behüte mich und auch die Meinen
und lass uns mitten in der Nacht
dein gnadenvolles Licht erscheinen,
denn wenn dasselbe bei uns wacht,
so müssen uns die Dunkelheiten
auch Ruh' und Freude zubereiten.
7) Und wenn wir nun ermüdet schlafen,
so decke uns mit Gnaden zu.
Denn ohne deiner Güte Waffen
hat unsre Seele nimmer Ruh',
indem wir immer im Gewissen
mit Tod und Sünde streiten müssen.
8) Soll auch vielleicht mein Jammerleben
in dieser Nacht dem Trauersaal
nun gute Nacht zum Abschied geben.
So lass mich durch des Todes Tal
hinauf zum rechten Lichte gehen,
und da der Gottheit Fülle sehen.
9) Indessen wirst du meine Lieben
bei ihrem kurzen Lebensrest
in deinem Gnadenglanze üben,
bis du sie dorthin kommen lässt,
wo wir des klaren Lichtes Gaben
in Ewigkeit vollkommen haben.
10) Nun, Höchster, machs nach deinem Willen,
verlass nur dein Geschöpfe nicht,
und wenn uns will der Tod einhüllen,
so leuchte uns mit deinem Licht,
auf dass wir auch in jenem Leben
in deinem Gnadenscheine schweben.