1) Mein Freund ist mein – O, wie dies Wort sich weitet!
Es blüht hinaus, weit über Zeit und Raum,
als ew'ger, unbegrenzter Lebensbaum,
der über das erschaff'ne All sich breitet.
Er mein – ich sein!
Ich halt' in ihm die ganze Welt umfangen,
und Er in mir – zu mir steht sein Verlangen,
ich helf' ihm seine Welt befrein!
2) Komm, komm, mein Freund! – Die weite, sünd'ge Erde
liegt vor mir wie ein wogend Ährenfeld –
du hast die Braut zur Schnitterin gestellt,
dass deine Fülle eingesammelt werde.
Das Feld ist weiß!
Sie schwingt die Sichel, frisch ans Werk zu gehen –
o, Herr der Ernt', in deinem Dienst zu stehen,
das ist ein sel'ger Ernteschweiß!
3) Nun folgt die Braut dir zu den fernsten Zonen.
Sie harret mit dir, bis entflohn die Nacht,
bis sich das Licht der Welt hat Bahn gemacht
zu denen, die im Todesschatten wohnen.
Der Morgen naht,
der Stern geht auf, vor dem die Heiden knieen,
der Tag bricht an – Die Erstlingsscharen ziehen
zur Gottesstadt den eb'nen Pfad.
4) So dringet sie im Frühschein deiner Gnade
von Land zu Lande unaufhaltsam fort.
Lieblich ergrünt das neugepflanzte Wort
an ferner Meere äußerstem Gestade.
Ihr Auge weilt
mit treuer Pflege aus den frischen Reben,
die schon die ersten Traubenscheine geben,
indes sie rastlos weiter eilt.
5) Komm, komm, mein Freund! lass mich zurück nicht bleiben,
o führ' auch mich in deinen Weinberg ein!
Ob Nacht ihn deckt, ich weiß, der Morgenschein
muss alle Finsternis vor mir vertreiben.
Ich wache früh,
zu schauen, wie die ersten Triebe sprossen,
zu harren, bis die Blüte sich erschlossen:
ich kenne nicht Gefahr noch Müh'!
6) Mein Freund ist mein! zu mir steht sein Verlangen!
Die Macht der Liebe sprengt mein enges Haus
und meine Sehnsucht geht nun frei heraus,
bis ich in ihm bin völlig aufgegangen.
Er mein – ich sein'
o, Herr der Ernt', auf deinen Lebensauen
will ich mit dir an deinem Reiche bauen
und meine Liebe ganz dir weihn.