Lass mein Geist, den falschen Wahn    

1) Lass mein Geist, den falschen Wahn,
der den blinden Heiden drücket.
Dass er sich nicht trösten kann,
wenn er Gruft und Sarg erblicket,
weil, wie ihn der Irrtum trügt,
Geist und Hauch zugleich verfliegt.

2) Du, das Teil der Göttlichkeit
kennst dein unvergänglich' Wesen.
Schrift, Natur, Vernunft und Zeit
lassen mich die Nachricht lesen,
dass das, was man geistig nennt,
kein verweslich' Ende kennt.

3) Gott, der selbst sein Ursprung heißt,
Gott, das Meer der Herrlichkeiten,
draus wir unsern edlen Geist
als ein stilles Bächlein leiten,
gibt uns durch sein Wort Bericht,
unsre Seele sterbe nicht.

4) Die erforschliche Natur,
sie des Höchsten Meisterstücke,
zeigt uns eine sichre Spur,
da ich überzeugt erblicke,
dass das, was mich lebend macht,
die Vergänglichkeit verlacht.

5) Denn was von sich selbst besteht,
und was Weise einfach nennen,
kann nicht, wie es Körpern geht,
sich in erste Teile trennen.
Weil es, da es einfach ist,
nicht aus viel zusammen fließt.

6) Die Vernunft erkennt und sieht
Unruh, Hoffen und Verlangen,
das stets unsern Geist bemüht,
etwas bessers zu empfangen,
wo, als in dem höchsten Gut,
seine Sehnsucht ganz beruht.

7) Jeder, den zu unsrer Zeit
Christi teuren Name zieret,
ist des Geistes Ewigkeit
durch den Glauben überführet,
und er weiß, dass selbst der Tod
ihm kein gänzlich Ende droht.

8) O, was zitterst du denn noch
die Vergänglichkeit zu fliehen,
und dich dem verhassten Joch
dieses Lebens zu entziehen,
da, wenn gleich der Leib zerstäubt,
doch dein Wesen ewig bleibt.

Text:
Melodie: Jesus lebt, mit ihm auch ich