1) Kein Mensch, o Gott, ist sündenfrei,
wer dürfte sich erheben?
Was hilft uns Trug und Heuchelei?
Du kennest Herz und Leben.
Umsonst, umsonst verbergen wir
selbst die geheimsten Triebe dir,
dein Blick durchschauet alles.
2) Du weißt, wie oft wir frevelhaft
uns böser Taten freuen
und unsers Geistes edle Kraft
dem Sündendienste weihen.
Gereizt von Welt und Sinnlichkeit
verscherzen wir oft unsre Zeit
und unsers Herzens Ruhe.
3) Wir sollten stets auf dein Gebot
mit frommer Seele merken,
wir können's auch, denn du, o Gott,
willst gern die Schwachen stärken
und dennoch unterdrücken wir
so oft die Ehrfurcht, Herr, vor dir
und folgen unsern Lüsten.
4) Wie leicht entwöhnt sich unser Herz
im Glück auf dich zu schauen!
Wie bald vergessen wir im Schmerz,
dir kindlich zu vertrauen.
Wie mächtig reizen Stolz und Neid
uns oft zur Unzufriedenheit
mit deiner freien Güte!
5) Du hast mit Menschen uns vereint,
die dir, Gott, angehören.
Wir sollen, aller Bosheit feind,
auch ihre Freuden mehren.
Doch wer ist immer liebevoll?
Wer sorgt so gern für fremdes Wohl?
Wer hilft, so viel er könnte?
6) Oft wirkt auch unsers Beispiels Macht,
dass andre, wie wir fehlen.
Sie sehn auf uns, die Lust erwacht,
das Böse zu erwählen.
Gleich uns, verschmähn sie deine Huld
und ihr Verderben, ihre Schuld
vermehrt auch unsre Schulden.
7) O großer Gott, hier stehen wir,
verklagt von unsren Sünden!
Vor dir, Allheiliger, vor dir
ist keiner rein zu finden!
Wie kümmert unsre Seele sich!
Wir alle fehlen wider dich,
erbarm dich unser aller!