1) Jerusalem, du hochgebaute Stadt,
wollt Gott, ich wär in dir!
Mein sehnend Herz so groß Verlangen hat
und ist nicht mehr bei mir.
Weit über Berg und Tale,
weit über braches Feld
schwingt es sich über alle
und eilt aus dieser Welt.
2) O schöner Tag und noch viel schönre Stund,
wann wirst du kommen schier,
da ich mit Lust, mit freiem Freudenmund
die Seele geb von mir
in Gottes treue Hände
zum auserwählten Pfand,
dass sie mit Heil anlände
in jenem Vaterland?
3) O Ehrenburg, nun sei gegrüßet mir,
tu auf der Gnaden Pfort!
Wie große Zeit hat mich verlangt nach dir,
eh ich bin kommen fort
aus jenem bösen Leben,
aus jener Nichtigkeit
und mir Gott hat gegeben
das Erb der Ewigkeit!
4) Was für ein Volk, was für ein edle Schar
kommt dort gezogen schon?
Was in der Welt von Auserwählten war,
seh ich, die beste Kron,
die Jesus mir, der Herre,
entgegen hat gesandt,
da ich noch war so ferne
in meinem Tränenland.
5) Propheten groß und Patriarchen hoch,
auch Christen insgemein,
die weiland dort trugen des Kreuzes Joch
und der Tyrannen Pein,
schau ich in Ehren schweben,
in Freiheit überall,
mit Klarheit hell umgeben,
mit sonnenlichtem Strahl.
6) Wenn dann zuletzt ich angelanget bin
im schönen Paradeis,
von höchster Freud erfüllet wird der Sinn,
der Mund voll Lob und Preis.
Das Halleluja reine
man spielt in Heiligkeit,
das Hosianna feine
ohn End in Ewigkeit
7) mit Jubelklang, mit Instrumenten schön,
in Chören ohne Zahl,
dass von dem Schall und von dem süßen Ton
sich regt der Freudensaal,
mit hunderttausend Zungen,
mit Stimmen noch viel mehr,
wie von Anfang gesungen
dasgroße Himmelsheer.
Alternativer Text:
1) Jerusalem, du heilge Gottesstadt,
ach wär ich schon in dir!
Mein sehnend Herz ist dieser Erde satt
und ist nicht mehr bei mir.
Weit über Berg und Tale,
weit über Flur und Feld
fleugt's auf zum Himmelssaale
und eilet aus der Welt.
2) O schöner Tag, o selger Augenblick,
wann bricht dein Glanz hervor,
da frei und licht zu reinem Himmelsglück
die Seele steigt empor?
Da ich sie übergebe
in Gottes treue Hand,
auf dass sie ewig lebe
in jenem Vaterland?
3) O Himmelsburg, gegrüßet seist du mir.
Tu auf die Gnadenpfort!
Wie lange schon hat mich verlangt nach dir!
Ich eile freudig fort,
fort aus dem bösen Leben,
aus dieser nichtgen Zeit!
Nun hat mir Gott gegeben
das Erb der Ewigkeit.
"Jerusalem, du hochgebaute Stadt" ist ein lutherisches geistliches Lied vom himmlischen Jerusalem und vom Eingang der Seele in die Herrlichkeit der Vollendeten.
Die endzeitliche Vorstellung des himmlischen Jerusalem, der Gottesstadt aus der Johannesoffenbarung, wird in diesem Klassiker der Kirchenliedgeschichte zu einem üppigen Gemälde ausgeformt, dessen Einzelzüge uns heute fremd anmuten mögen, das aber zusammen mit der weit ausholenden Melodie durchaus noch seine Wirkung entfaltet. (Andreas Marti)