1) In allen meinen Taten
lass ich den Höchsten raten,
der alles kann und hat.
Er muss zu allen Dingen,
solls anders wohl gelingen,
mir selber geben Rat und Tat.
2) Nichts ist es spät und frühe
um alle meine Mühe,
mein Sorgen ist umsonst.
Er kann mit meinen Sachen
nach seinem Willen machen,
ich stells in seine Vatergunst.
3) Es kann mir nichts geschehen,
als was er hat ersehen
und was mir selig ist.
Ich nehm es, wie ers gibet;
was ihm von mir beliebet,
dasselbe hab ich auch erkiest.
4) Ich traue seiner Gnaden,
die mich vor allem Schaden,
vor allem Übel schützt.
Leb ich nach seinen Sätzen,
so wird mich nichts verletzen,
nichts fehlen, was mir ewig nützt.
5) Er wolle meiner Sünden
in Gnaden mich entbinden,
durchstreichen meine Schuld!
Er wird auf mein Verbrechen
nicht stracks das Urteil sprechen
und haben noch mit mir Geduld.
6) Leg ich mich späte nieder,
erwach ich frühe wieder,
lieg oder zieh ich fort,
in Schwachheit und in Banden,
und was mir stößt zuhanden,
so tröstet mich allzeit sein Wort.
7) Hat er es denn beschlossen,
so will ich unverdrossen
an mein Verhängnis gehn;
kein Unfall unter allen
wird je zu hart mir fallen,
mit Gott will ich ihn überstehn.
8) Ihm hab ich mich ergeben,
zu sterben und zu leben,
soblad er mir gebeut,
es sei heut oder morgen;
dafür lass ich ihn sorgen,
er weiß allein die rechte Zeit.
9) So sei nun, Seele, deine
und traue dem alleine,
der dich geschaffen hat!
Es gehe, wie es gehe,
dein Vater in der Höhe,
der weiß zu allen Sachen Rat.
In dem klassischen Vertrauenslied des prominenten Barockdichters Paul Fleming gründet die Zuversicht im Glauben an Gottes Allmacht, während die christologische Begründung, die in den älteren Liedern den Ton angibt, zurücktritt. Damit das Gedicht auf die vom Lied „Innsbruck, ich muss dich lassen“ her stammende Melodie singbar wurde, fügte man schon in früher Zeit in der letzten Zeile jeder Strophe zwei Silben ein. (Andreas Marti)