Ich fürchte Gott und mein Gewissen    

1) Ich fürchte Gott und mein Gewissen
das andre lass ich alles zu,
hat einer mich falsch abgerissen, -
es sei! - Ich warte meiner Ruh'.
Die Zeit zeigt endlich alles bloß.
Deswegen schlaf ich sorgenlos.

2) Wer kann die tollen Mäuler binden,
die auch den lichten Sonnenbau
nicht ohne finstre Flecken finden:
es macht mich darum keiner grau.
Ich scheue keinen Zungenstich, -
mein Leben, das versichert mich.

3) Ein freies Tun in allen Sachen,
doch in der Tugend eingeschränkt,
muss mir ein gutes Leben machen,
ist einer, der mich drum verdenkt?
Wer kann dafür, wohlan! es sei,
ich bis deswegen sorgenfrei.

4) Weil mein Beruf in Schranken bleibet,
die mir der Höchste vorgebaut,
weil meinen Geist kein Laster treibet,
weil meine Seele Gott vertraut,
so hör ich zu und achte nicht,
was der und jener Arges spricht.

5) Wenn mich nur mein Gewissen lobet,
wenn mich mein Gott für redlich kennt,
so lach ich, wenn der Neider tobet,
und an mein Tun ein' Fehler hängt, -
es haftet nicht, der Tugend Lauf
hält alle Lästerreden auf.

6) Wer sich in fremde Sachen menget,
und da und dort auf Posten steht,
sieht selbsten nicht, was ihm hanget,
wie oft er in den Tadel fällt,
wirft andern viel Gebrechen für
und hat doch Kot vor seiner Tür.

7) Mein Gott, den ich für alles liebe,
der gibt mir einen solchen Sinn,
ihr macht zwar meine Tugend trübe,
doch sei's nicht bloß und überhin,
und seid ihr mir gleich noch so feind,
bin ich doch euer bester Freund.

Text:
Melodie: Wer nur den lieben Gott lässt walten