Hörst du die Abendglocke läuten    

1) Hörst du die Abendglocke läuten
bei eingebrochnem Dämmerlicht,
so mögest du dir auch wohl deuten,
was die metallne Zunge spricht.

2) Für's erste sagt sie: du sollst ruhen
von allen Mühen, aller Last,
die du bei pflichtgetreuem Tuen
auch diesen Tag getragen hast.

3) Nur wer der Arbeit war beflissen,
kann sich der süßen Ruhe freun.
Solch' lohnendes Gefühl vermissen
die Trägen, welche Arbeit scheun.

4) Zum andern spricht die Glocke: danke
dem güt'gen Gott, der dich auch heut'
mit seiner Gnade ohne Schranke
so überschwänglich hat erfreut.

5) Sein treuer Beistand, Schutz und Segen,
die Fülle seiner Freundlichkeit
muss dich zum tiefsten Dank bewegen,
wozu dein Herz sei stets bereit.

6) Hierbei fleh' auch, dass Er in Gnaden
dir nahe sei in dieser Nacht,
damit vor Unglück und vor Schaden
du und dein Haus sei treu bewacht.

7) Zum Schluss soll dir die Glocke sagen:
dass einst auch deine Stunde schlägt,
dass sie, wirst du zur Ruh' getragen,
zum letzten Mal für dich sich regt.

8) Du kannst dir mit Gewissheit sagen,
dass jene Stunde kommt herbei.
Nur weißt du nicht, w a n n sie wird schlagen,
o sie noch fern, ob nahe sei.

9) Aus Weisheit hält sie Gott verborgen
vor deinem Blick, zu deinem Heil,
damit du ernstlich mögest sorgen,
dass sie dich ja nicht übereil.

10) Von Gott sei dir das Glück beschieden,
dass - wie du heute Ruh' genießt -
sich mit noch seligerem Frieden
dein Lebensfeierabend schließt.

Text:
Melodie: Unbekannt