1) Herr, erhöre meine Klagen; schau herab auf meine Plagen;
Gott, zu dir ruf ich empor: Neige doch zu mir dein Ohr!
Rette meiner Seele Leben; ich bin dir allein ergeben:
Ach, mein Gott, verlass mich nicht! Du bist meine Zuversicht.
2) Meine Seele kann's nicht fassen, will sich gar nicht trösten lassen.
Denk ich dann, O Höchster, dein, quält erst recht mich Angst und Pein.
Sinn ich nach, wie Gott sonst hörte, gnädig gab, was ich begehrte,
so verschmachtet mir mein Herz. Unerträglich ist der Schmerz.
3) Ich gedenke alter Zeiten, da dir klangen meine Saiten
und mein Herz in mancher Nacht, Lied und Psalmen dir erdacht.
Soll die Zeit sich nie erneuern? Willst du nimmer mich erfreuen?
Willst du, Gott der Gnade, mich stoßen von dir ewiglich?
4) Ist auf immer für die Armen denn zu Ende dein Erbarmen?
Ist dein Bund mit Kindeskind hingefallen so geschwind?
Hat dein väterlich Gemüte denn vergessen seiner Güte?
Willst verschließen du im Zorn deiner Gnade reichen Born?
5) Doch das steht in Gottes Händen, will er meinen Jammer enden,
kehrt er nur die rechte Hand, ist schon alles umgewandt.
Ich will preisen deine Stärke und gedenke deiner Werke,
aller Wunder deiner Macht, die du immer hast vollbracht!
6) Heilig Gott sind deine Wege, nur du kennst die rechten Stege,
wo ist solch ein Gott wie du, der uns so große Wunder tut?
Du hast deine Macht bewiesen, Israel hat dich gepriesen,
da du aus der Dienstbarkeit dein erwähltes Volk befreit.
Der 77. Psalm, dem das Lied Schritt für Schritt folgt, versucht nicht, Leid zu erklären oder ihm einen verborgenen Sinn abzugewinnen. Er trägt es in intensiver Klage vor Gott – auf dem Hintergrund der Erinnerung an Gottes gnädiges Wirken in früheren Zeiten. Die engräumige Melodie mit ihren häufigen Motivwiederholungen bildet in offensichtlicher Weise den Affekt der beklemmenden, lähmenden Trauer ab. (Andreas Marti)
Das Lied "Herr, erhöre meine Klagen" ist in 1 Liederbüchern enthalten:
Cover | Liederbuch | Nummer | Noten |
Evangelisch-reformiertes Gesangbuch (RG) (1998) |
46 |