1) Herr, der du selbst die Weisheit bist,
bei dem der Quell der Gnaden ist,
was ist mein ganz Beginnen?
Was ist mein Tat?
Wenn nicht dein Rat
regieret meine Sinnen.
2) Voll Schwachheit ist mein ganzer Lauf,
nehm ich auch gleich zu einem Hauf
mein ganzes Tun und Lassen,
ich sage frei,
dass da nichts sei,
als was du selbst musst hassen.
3) Mein Reden wäre lastervoll,
ich würde reden, wenn ich soll
aus Christen-Klugheit schweigen,
und durch Gewalt
der Zungen bald
das Recht der Armen beugen.
4) Hingegen würd' ich meinen Mund
nicht öffnen zu derselben Stund',
da sich's zu tun gebühret.
Ich rede nicht,
was meine Pflicht
zu reden mich anführet.
5) Man sieht, wie's in der Welt ergeht,
wie mancher, was er nicht versteht,
mit Worten dennoch schmähet,
wie mancher sich
elendiglich
durch seine Lippen fähet.
6) Wie vielmal muss die Zunge her,
wo man nur wieder Gottes Ehr'
was Böses kann erdichten,
man flucht und schilt,
man redet wild,
als würd es Gott nicht richten.
7) Teils Lippen bieten Honig dar
und trügen dennoch offenbar,
weil sie das Gift verdecken,
das in dem Mund
gleich einem Schlund
verborgen pflegt zu stecken.
8) Mein frommer Vater, führe mich,
damit hierin ich wider dich
nicht irgends wo verfehle,
gib, dass ich nicht,
was doch ans Licht
gebracht muss sein, verhehle.
9) Hingegen lass durch meinen Mund
nichts, was man schweigen sollt,
kund und ausgebreitet werden.
Wer schweigen kann,
lauft wenig an,
und ist frei von Beschwerden.
10) Absonderlich behüte mich
vor solchen Worten, da ich dich
auf ewig kann verscherzen.
Behüte mich
doch gnädiglich
vor unbeschämten Herzen.
11) Wohl an! Ich setze selber mir
mit unverdrossnem Herzen für,
ich will mich fleißig zähmen,
und diesen Schluss,
der bleiben muss,
soll mir kein Feind nicht nehmen.
12) Mein Mund soll dir geheiligt sein,
es soll darin nichts aus noch ein
als nur dein Name gehen,
der Lippen Klang
und mein Gesang
nur deinen Ruhm erhöhen.
13) Du aber, Jesu, wenn nun nicht
mein matter Mund ein Wort mehr spricht
in meiner letzten Stunde,
so höre doch
den Seufzer noch
aus meiner Seelen Grunde.
14) Dort werd ich desto freier sein,
da hält man keiner Zungen ein,
sie soll dich fröhlich ehren,
wenn mich bei dir,
nicht mehr wie hier,
kein Herzensweh kann stören.